Test / E-MTB: Mit dem LTe schickt die US-Kultmarke Yeti ein neues E-MTB ins Rennen, das seine Rennsport-DNA nicht verbergen kann – und auch gar nicht will. Ausgestattet mit potenter Technik, dem komplexen Sixfinity-Hinterbausystem und einem klaren Fokus auf Highspeed, soll das E-Enduro neue Maßstäbe setzen. Doch wie schlägt sich das Yeti LTe in der Praxis und für wen ist das hochpreisige Geschoss die richtige Wahl? Wir haben es getestet.
Das neue Yeti LTe positioniert sich als kompromissloses „Full-Power-Monster“, das für hohe Geschwindigkeiten und den Renneinsatz entwickelt wurde. Mit 170 mm Federweg an der Gabel und 160 mm am Heck, angetrieben von einem Bosch Performance Line CX oder CX Race Motor, zielt das E-Enduro auf anspruchsvolle Fahrer ab, die keine Kompromisse eingehen wollen.
Rahmen und Fahrwerk: Das Herzstück des Yei LTe
Sixfinity-Hinterbausystem
Das Herzstück des LTe ist das von Yeti entwickelte Sixfinity-Hinterbausystem, eine komplexe Sechsgelenker-Konstruktion. Dieses System wurde speziell für die Anforderungen eines leistungsstarken E-MTBs optimiert. Laut Hersteller ermöglicht es eine präzise Abstimmung der Federkennlinie, des Anti-Squat- (Tretantriebseinflüsse) und Anti-Rise-Verhaltens (Bremseinflüsse). Ein wesentlicher Vorteil des Designs ist die Möglichkeit, Kinematik-Eigenschaften wie den Anti-Squat-Wert gezielt zu justieren. Beim LTe wurde dieser bewusst niedriger angesetzt als bei anderen Yeti-Bikes. Da der Motor für ausreichend Effizienz sorgt, kann sich der Hinterbau freier bewegen und bleibt auch unter Kettenzug aktiver, was besonders in technischen Anstiegen für mehr Traktion sorgen soll. Sobald der Dämpfer über den Sag-Punkt hinaus einfedert, fällt der Anti-Squat-Wert abrupt ab, um in der Abfahrt eine maximale Performance zu gewährleisten.
Anpassbare Progression und Geometrie
Eine weitere Besonderheit ist die Möglichkeit zur individuellen Anpassung. Über einen Flip-Chip an der Dämpferaufnahme lässt sich die Progression des Fahrwerks in drei Stufen verändern: von einer linearen, auf Rennen ausgelegten Kennlinie (25 %) über eine ausgewogene Einstellung (30 %) bis hin zu einer stark progressiven Variante (35 %) für mehr „Pop“ und Durchschlagschutz. Unabhängig von der gewählten Einstellung soll der lineare Gesamteindruck der Federung erhalten bleiben.
Auch bei den Laufrädern zeigt sich das LTe flexibel. Ab Werk wird es als reines 29-Zoll-Bike ausgeliefert, kann aber mittels eines weiteren Flip-Chips an den Ausfallenden unkompliziert auf ein Mullet-Setup (29″ vorne, 27,5″ hinten) umgerüstet werden, ohne dass sich dabei die Geometrie des Rades verändert.
Yeti LTe: Details und Ausstattung
Rahmenkonstruktion und Schutz
Der Carbonrahmen des LTe wird in den teureren T-Series Ausführungen mit zusätzlichen Lagen aus Vectran verstärkt, einem Material ähnlich wie Kevlar, das die Schlagfestigkeit in hochbelasteten Bereichen erhöhen soll. Diese Technologie wurde bereits in den Downhill- und Dirt-Jump-Projekträdern von Yeti erprobt.
Für Langlebigkeit und einfache Wartung sollen durchdachte Details sorgen. Ein integriertes Schutzblech schützt das Sixfinity-System vor Schmutz und Steinschlägen. Die Leitungen werden durch geklemmte Eingänge im Rahmen geführt, was ein Klappern verhindern und den Service erleichtern soll. Auf eine Verlegung durch den Steuersatz wird bewusst verzichtet. Ein robuster Unterrohrschutz dient gleichzeitig als Serviceklappe für einen erleichterten Zugang zum Akku und den intern verlegten Kabeln.
Antriebssystem und Komponenten
Das LTe wird in allen Ausstattungsvarianten von einem Bosch Performance Line Motor angetrieben. In der Top-Version T4 kommt der leichtere CX Race zum Einsatz, während die Modelle C2 und T3 mit dem regulären CX-Antrieb ausgestattet sind. Beide liefern ein Drehmoment von bis zu 100 Nm und eine Leistung von 750 Watt. Energiequelle ist ein integrierter 800-Wh-Akku, der für Servicezwecke entnehmbar ist, was jedoch den teilweisen Ausbau des Motors erfordert. Für noch längere Touren ist das Rad ab Rahmengröße M mit dem PowerMore Range Extender (250 Wh) kompatibel.
Die Informationen werden auf einem in das Oberrohr integrierten Kiox-Display angezeigt und über eine kabellose Mini-Fernbedienung am Lenker gesteuert.
Yeti LTe: Modelle, Preise und Ausstattungen
Das Yeti LTe ist in drei Ausstattungsvarianten erhältlich, die sich preislich und technisch deutlich voneinander unterscheiden.
Den Einstieg markiert das C2 E90 Transmission für 9.900 Euro. Es kommt mit einem Fox Performance Fahrwerk, bestehend aus einer 38er Gabel und einem Float X Dämpfer, sowie soliden DT Swiss H1900 Aluminium-Laufrädern. Geschaltet wird mit einer SRAM E90 Transmission und gebremst mit der SRAM Maven Bronze. Funktionell ist diese Ausstattung über jeden Zweifel erhaben, gemessen am hohen Einstiegspreis erscheint das Preis-Leistungs-Verhältnis jedoch am wenigsten attraktiv.
In der Mitte rangiert das von uns getestete T3 XO Transmission für 12.900 Euro. Hier gibt es deutliche Aufwertungen, die den Aufpreis rechtfertigen: Das Fahrwerk stammt aus der Fox Factory Serie mit der potenten Grip X2 Kartusche in der Gabel und dem Float X2 Dämpfer. Dazu kommen leichte und robuste DT Swiss HXC1700 Carbon-Laufräder und die elektronische SRAM XO Eagle AXS Transmission. Bei den Bremsen kommt die SRAM Maven Silver zum Einsatz, die funktional auf Top-Niveau agiert, sich von der teureren Ultimate-Version aber nur in Details und Gewicht unterscheidet. Diese Variante stellt den wohl sinnvollsten Kompromiss aus Preis und absoluter Top-Performance dar.
Die Speerspitze bildet das T4 XX Transmission für 14.500 Euro. Dieses Modell ist kompromisslos auf Racing getrimmt und bietet als einziges den leichteren und aggressiver abgestimmten Bosch Performance Line CX Race Motor. Weitere Upgrades sind die exklusive Fox Podium Factory Gabel, die leichteste SRAM XX Eagle AXS Transmission und die Top-Bremse SRAM Maven Ultimate. Hier bleiben absolut keine Wünsche offen – das hat allerdings auch seinen Preis.
Das Yeti LTe im Praxistest
Zum Test hatten wir das Yeti LTe in der T3 X0 Variante. In Rahmengröße L und ohne Pedale brachte das Testbike bei uns 23,7 kg auf die Waage.
| Rahmen | T-Series frame layup |
| Federgabel | Fox 38 Factory GripX2 |
| Antrieb | Bosch CX Gen5 |
| Akku | 800 Wh |
| Dämpfer | Fox Float X2 Factory |
| Laufräder | DT Swiss HXC1700 |
| Reifen VR | Schwalbe Magic Mary Radial TrailPro SuperSoft |
| Reifen HR | Schwalbe Albert GravityPro Soft |
| Schaltwerk | Sram X0 Transmission |
| Schalthebel | Sram AXS Pod |
| Kurbel | Sram X0 Transmission |
| Umwerfer | Ohne |
| Bremse | Sram Maven Silver |
| Bremsscheiben | Sram HS2 200/200 |
| Sattelstütze | RockShox Reverb AXS 200mm (L) |
| Sattel | WTB Solano Chromoly |
| Vorbau | Burgtec Enduro MK3 |
| Lenker | Yeti Carbon Bar 35mm Rise |
Einordnung und erster Eindruck
Schon vor der ersten Testfahrt wird klar: Das Yeti LTe ist kein gewöhnliches E-MTB. Die Marke Yeti hat sich dem Rennsport verschrieben, und dieser Fokus auf Performance spiegelt sich nicht nur in der aufwendigen Technik und den Detaillösungen wider, sondern auch im Preis. Mit einer Spanne von knapp 10.000 bis 14.500 Euro bewegt sich das LTe im absoluten High-End-Segment. Dieser Preis rechtfertigt sich laut Hersteller durch die intensive Entwicklungsarbeit, die Unterstützung von Profi-Athleten und die Detailverliebtheit, wie etwa die im eigenen Haus entwickelten Dämpfer-Tunes.
Fahreindrücke: Eine Maschine für Spezialisten
Auf dem Trail bestätigt sich der erste Eindruck eindrucksvoll. Das LTe ist ein Spezialist, ein reines „Ballerbike“. Es ist unglaublich schnell und vermittelt ein enormes Maß an Sicherheit, was den Fahrer dazu verleitet, die eigenen Grenzen auszutesten und zu verschieben. Das Rad verzeiht viele Fahrfehler, doch es fordert seinen Fahrer auch. Es will aktiv und schnell gefahren werden. Bei langsamer Fahrt erwacht es nicht wirklich zum Leben; seine Stärken liegen eindeutig im Highspeed-Bereich und in anspruchsvollem Gelände.
| SM | MD | LG | XL | |
|---|---|---|---|---|
| Reach (mm) | 435 | 465 | 485 | 510 |
| Stack (mm) | 618 | 625 | 635 | 645 |
| Sitzrohr (mm) | 390 | 420 | 440 | 460 |
| Lenkwinkel (in °) | 64 | 64 | 64 | 64 |
| Sitzwinkel (in °) | 78 | 78 | 78 | 78 |
| Oberrohr (mm) | 566 | 598 | 620 | 647 |
| Kettenstreben (mm) | 449 | 449 | 449 | 449 |
| Steuerrohr (mm) | 92 | 100 | 111 | 122 |
| Tretlagerhöhe (mm) | 350 | 350 | 350 | 350 |
Die Geometrie mit einem Lenkwinkel von 64 Grad und einem Sitzwinkel von 78 Grad ist modern, aber nicht übermäßig extrem, was auch zu guten Klettereigenschaften beiträgt. Der Hinterbau zeigt sich dabei von seiner besten Seite: Dank des abgestimmten Anti-Squat-Verhaltens bleibt er aktiv und generiert viel Traktion, ohne dabei ineffizient zu wirken. Besonders spürbar ist, wie das Heck nach dem Überschreiten des Sag-Punktes komplett freigibt und Unebenheiten souverän aufsaugt. Bergab liegt das Rad satt und sicher auf dem Trail und glänzt durch eine beeindruckende Laufruhe. Ein weiterer positiver Aspekt ist die Geräuschkulisse – oder besser gesagt, deren Abwesenheit. Das LTe ist erfreulich leise; weder Kette, noch Akku oder Züge klappern.
Für wen ist das Yeti LTe geeignet?
Das LTe ist kein Allrounder für gemütliche Touren. Es ist eine Fahrmaschine für erfahrene Mountainbiker, die ein potentes E-Enduro für anspruchsvolle Trails und gelegentliche Renneinsätze suchen. Man muss kein Profi sein, um mit dem Rad Spaß zu haben, aber man sollte einen aktiven Fahrstil pflegen und die Geschwindigkeit, die das Rad ermöglicht, auch beherrschen können. Wer ein vielseitiges Bike für unterschiedlichstes Terrain sucht, wird mit dem LTe möglicherweise nicht glücklich, da es seine Stärken erst bei hohem Tempo voll ausspielt.













