Radsport: In wenigen Stunden ist es soweit! Bei der Straßen-WM in Richmond wird sich ab 19.00 Uhr deutscher Zeit zeigen, wer der momentan stärkste Zeitfahrer im Peloton ist. Titelverteidiger Bradley Wiggins hat seine Straßenschuhe an den Nagel gehängt, damit steigt der Vorjahreszweite, Tony Martin, zum Topfavoriten auf. Doch auch Tom Dumoulin zeigte im Laufe der Saison, dass er in Topform ist. Außerdem wären da ja auch noch Fahrer wie Dennis Rohan oder Vasil Kirijenka. Wir blicken auf die Favoriten.
Tony Martin
Der Silbermedaillengewinner aus dem letzten Jahr, Tony Martin, ist heute wohl der Topfavorit auf den Weltmeistertitel, da sind sich die meisten Experten und Medien einig. In den vergangenen Jahren bildete er zusammen mit Bradley Wiggins und Fabian Cancellara den Zeitfahr-Olymp. Da Wiggo und Cancellara aus unterschiedlichen Gründen in diesem Jahr in Richmond nicht an den Start gehen werden, steigt der 30-jährige Deutsche fast automatisch zum Topfavoriten auf.
Vor der Saison hatte Martin zwei Hauptziele für dieses Jahr ausgegeben: Den Sieg beim Eröffnungszeitfahren bei der Tour de France und den Weltmeistertitel. Nachdem er sich in ersterem der jungen Konkurrenz aus Australien in Form von Rohan Dennis geschlagen geben musste, gilt sein ganzer Fokus nun dem zweiten Hauptziel der Saison: Gold soll her. Doch hinter der Form des Cottbusers steht mehr als nur ein Fragezeichen. Die Ergebnisse in diesem Jahr waren gut – drei Zeitfahrsiege stehen zu Buche (Algarve-Rundfahrt, Tour de Romandie und deutsche Meisterschaft) – jedoch nicht überragend. Bei der Tour hatte er wie erwähnt gegenüber Dennis das Nachsehen und auch bei Paris-Nizza reichte es nicht zum Sieg im Zeitfahren.
Entgegenkommen könnte Martin die Länge des heutigen Zeitfahrens. Mit 53,5 zumeist flachen Kilometern ist es wie gemacht für einen Spezialisten wie ihn und könnte ihm den nötigen Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffen. Nach seinem verletzungsbedingten Ausscheiden bei der Tour hatte Martin viel Zeit, an seiner Form zu arbeiten und nach dem Mannschaftszeitfahren am Sonntag (2. Platz, zum Bericht) unterstrich der Etixx-Profi nochmals seine Ambitionen für heute und betonte sein gutes Gefühl. Wir hoffen, dass ihn dieses nicht täuscht und drücken für heute Abend die Daumen!
Tom Dumoulin
Tom Dumoulin fuhr sich in dieser Saison endgültig ins Rampenlicht des Radsports. Nachdem der Niederländer aus der deutschen Giant-Alpecin Mannschaft bereits in den letzten Jahren im Zeitfahren immer wieder seine große Qualität aufblitzen ließ (unter anderem mit Bronze bei der WM im letzten Jahr) tauchte er in vielen Rennen dann wieder ab, insbesondere wenn er unter großem Druck stand. Mit seiner riesigen Leistung bei der diesjährigen Vuelta, bei dem ihm Fabio Aru erst am vorletzten Tag den Gesamtsieg entriss, gelang ihm aber endgültig der Durchbruch.
Der 24-jährige gewann das Zeitfahren bei der Vuelta und beide bei der Tour de Suisse, bei der Tour reichte es zu einem vierten Platz hinter Dennis, Martin und Cancellara. Seine sehr gute Vuelta könnte ihm jedoch im Hinblick auf die WM eventuell zum Verhängnis werden. Es war im Vorfeld wohl kaum geplant, dass er so lange um den Gesamtsieg mitfahren können werde und somit fast bis zum letzten Meter Vollgas fahren musste. Das hat mit Sicherheit viel Kraft gekostet – Kraft die ihm heute auf der langen Strecke eventuell fehlen könnte.
Nach dem Mannschaftszeitfahren sagte Dumoulin allerdings, dass er sich erstaunlich frisch fühle und durchaus gewappnet sehe für die große Herausforderung heute Abend. Wir sind gespannt, ob uns der Niederländer auch heute nochmal überraschen können wird!
Rohan Dennis
Neben Tom Dumoulin ist Rohan Dennis der wohl stärkste Konkurrent um den Weltmeistertitel für Tony Martin. Der 25-jährige Australier hat in dieser Saison einen beinahe kometenhaften Aufstieg hinter sich. Nach seinem Sieg bei der Tour Down Under und seinem Stundenweltrekordversuch im Februar, bei dem er den damaligen Rekord von Matthias Brändle zwischenzeitlich verbessern konnte ging es beinahe unaufhaltsam Bergauf für den Profi von BMC.
Sein größter Coup war sicherlich der Sieg beim Einzelzeitfahren der Tour de France, als er Tony Martin auf den zweiten Platz verwies. Kürzlich zeigte er bei der USA Pro Challenge, dass er seine sehr gute Form halten konnte – dort gewann er nicht nur das Einzelzeitfahren, sondern ebenso die Gesamtwertung, die Bergwertung und wurde zweiter nach Punkten. Nicht zuletzt überzeugte er auch am Sonntag beim Mannschaftszeitfahren, wo er das BMC-Team zusammen mit Lokalmatador Taylor Phinney zum Sieg führte.
Der einzige Umstand, der Dennis Probleme bereiten könnte, ist die große Distanz des heutigen Zeitfahrens. In der Vergangenheit zeigte er sich eher bei kürzeren Distanzen um 20km stark – es wird spannend zu beobachten sein, ob der Australier seine große Qualität auch heute über mehr als 50km auf den Asphalt bringen können wird. So oder so – Rohan Dennis ist heute ein Kandidat für eine Medaille.