Test: Auf Mallorca hatten wir kürzlich die Gelegenheit, das nagelneue BH Rebel Lynx 5.5 Plus E-Mountainbike ausgiebig zu testen. Das 140mm Trailbike wird vom neuen Yamaha PW-X angetrieben und kommt mit 3 Zoll breiten Plusreifen für ordentlich Trailaction.
BH Rebel Lynx 5.5 Plus: Rahmen und Geometrie
Kenner der Modellreihen des baskischen Herstellers wird beim nagelneuen E-MTB Rebel Lynx 5.5 Plus vor allem der Namenszusatz Lynx aufhorchen lassen: So lautet nämlich auch der Name der nicht-motorisierten Fullies von BH, die – nicht nur bei uns im Test – mit ihrem hervorragenden Hinterbau zu überzeugen wissen. Wie also der Name bereits vermuten lässt, basiert der neue E-MTB Spross von BH auf eben jener Lynx Plattform mit dem sogenannten Split Pivot Hinterbau. Konzipiert und konstruiert wurde dieser von Dave Weagle, einer der Koryphäen auf dem Gebiet von Mountainbike-Fahrwerken.
Bei den Laufrädern setzt man für das neue 140mm-Fully auf die besonders bei E-MTBs so beliebte Plusgröße – Standardmäßig kommt das Rebel Lynx 5.5 Plus sogar mit 3″ breiten Nobby Nics. Das ist deshalb durchaus erwähnenswert, weil hier bei vielen anderen Bikes dieser Klasse bei 2,8″ Schluss ist. Die Vorteile der dicken Pneus liegen auf der Hand: Mehr Grip, mehr Komfort bei unwesentlich höheren Rollwiderstand, den der E-Antrieb aber ohnehin mühelos ausgleicht.
Glänzen kann der Rahmen auch im Bereich Features: Hier gibt es alles, was man im Jahr 2017 von einem modernen Mountainbike erwarten kann: Der sehr gut verarbeitete Alurahmen besitzt intern verlegte Züge, natürlich auch für eine optional erhältliche Variostütze (dazu später mehr), kommt mit Boost-Standard für mehr Reifenfreiheit bei kürzeren Kettenstreben und einer optimierten Kettenlinie und 10 Jahre Garantie gibt es von BH obendrauf.
Geometrie BH Rebel Lynx 5.5 Plus
MD | LA | |
Sitzrohr (in mm) | 440 | 480 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 609 | 634 |
Steuerrohr (in mm) | 120 | 135 |
Kettenstrebe (in mm) | 485 | 485 |
Radstand (in mm) | 1218 | 1245 |
Lenkwinkel (in °) | 74 | 74 |
Sitzwinkel (in °) | 67 | 67 |
Reach (in mm) | 428 | 449 |
Stack (in mm) | 632 | 646 |
Auch bei der Geometrie liegen die meisten Daten des BH Rebel Lynx 5.5 Plus im Zeitgeist: Der Lenkwinkel ist mit 67° flach genug für steile Abfahrten und ruppige Trails, aber nicht so flach, dass beim gemütlichen Touren die Spritzigkeit verloren geht. Ein effektiver Sitzwinkel von 74° sorgt zudem für eine hohe Effizienz, wenn man selbst in die Pedale tritt. Die Kettenstreben fallen mit 485mm auch für E-MTB Verhältnisse recht lang aus – die Plusbereifung fordert hier natürlich ihren Tribut. Mit etwas über 1200mm kann man den Radstand des E-Trailfullys aber dennoch im noch agilen Rahmen halten – der Hauptrahmen fällt deshalb etwas kürzer aus.
BH Rebel Lynx 5.5 Plus: Antrieb
Das Herzstück des Rebel Lynx 5.5 Plus ist natürlich der Antrieb: Hier kommt der für dieses Modelljahr neue MTB-Antrieb aus dem Hause Yamaha zum Einsatz: Der PW-X basiert zwar auf dem direkten Vorgänger PW, doch schon auf den ersten Blick werden die Unterschiede mehr als deutlich: Der PW-X ist in seiner Größe deutlich geschrumpft und fällt sehr viel schmaler aus als die vorherige Generation. Auch beim Gewicht konnte man sehr deutlich einsparen – fast 400g bringt der PW-X nun weniger auf die Waage als zuvor.
Wer nun annimmt, die Japaner hätten die kleineren Abmessungen mit technischen Einbußen erkauft, irrt: Vor allem auf den neuen Extra Power Mode ist man bei Yamaha besonders stolz – dieser soll mit bis zu 80Nm noch einmal spürbar mehr Power bringen als die Antriebe der Konkurrenz – natürlich nur für eine kurze Zeit, zum Beispiel an besonders steilen Rampen. Doch der neue ‚Turbo‘ ist nicht die einzige technische Neuerung. Mit einer Motorunterstützung bis zu einer Kadenz von 120rpm konnte man einen der Hauptkritikpunkte am Vorgänger ausmerzen, dem bei hoher Trittfrequenz gerne mal die Puste ausging.
Ebenfalls neu ist die Bedieneinheit und das Display. Beides ist nun deutlich stärker auf den Einsatzbereich am Mountainbike ausgerichtet. Das Display ist in der Größe geschrumpft und wirkt mit seiner voluminösen Hartgummiummantelung fast unzerstörbar. Die kleineren Abmessungen ermöglichen nun auch eine geschützte da weniger exponierte Platzierung neben dem Vorbau – sehr schön! Die Bedieneinheit hat ein neues, fast futuristisches Design bekommen, fällt für unseren Geschmack aber fast einen Ticken zu groß aus.
Der Motor bekommt seine Power von einem 500Wh Akku, der zwar auf dem Unterrohr sitzt, sich durch eine gefällige Linienführung optisch schön in das Gesamtbild des – auch durch die breiten Reifen – ohnehin wuchtigen Bikes einfügt.
BH Rebel Lynx 5.5 Plus: Ausstattung
Rahmen | Alloy Split Pivot 27,5 |
Federgabel | Fox 34 Float Rythm 140mm |
Antrieb | Yamaha PW-X |
Akku | 500Wh |
Dämpfer | Fox Float FPS Performance |
Laufräder | Alloy Double Wall Felge + Joytech Naben |
Reifen VR | Schwalbe Nobby Nic 27,5 x 3,0 |
Reifen HR | Schwalbe Nobby Nic 27,5 x 3,0 |
Schaltwerk | Shimano XT M8000 11-fach |
Schalthebel | Shimano SLX |
Kurbel | FSA 36T |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano SLX |
Bremsscheiben | Shimano SLX 180mm |
Sattelstütze | Alloy 31.6 |
Sattel | Emotion Cross |
Vorbau | Emotion Lite |
Lenker | Emotion MTB Alloy Riser |
Auch wenn der große Fokus bei den meisten E-MTBs auf Antrieb und Akku liegt, steht und fällt vieles mit der Ausstattung des Rads. Dies dürfte auch den Jungs und Mädels bei BH klar sein und auch deshalb kommt das BH Rebel Lynx 5.5 Plus mit einer durchweg hochwertigen Ausstattung. Zum Verkaufsstart wird es das neue BH Bike lediglich in einer Ausstattungsvariante geben, die mit 4.499€ zu Buche schlägt.
Beim Fahrwerk setzt man voll auf bewährte Qualität aus dem Hause Fox. An der Front sorgt die neue Rythm Trailgabel für Traktion und Komfort. Die Gabel ist derzeit ausschließlich an Kompletträdern verbaut und ist technisch gesehen eine leicht abgespeckte Variante der Fox 34. Der etwas simplere Aufbau im Bereich der Dämpfungskartusche dürfte für die meisten Fahrer jedoch kaum von großer Relevanz sein. Die andere Hälfte des Fox-Zweigespanns ist der Fox Float DPS Performance Dämpfer. Dieser lässt sich via eines kleinen Hebels am Dämpfer selbst in drei Modi betreiben: Offen, Mittel und Hart. So kann man das Verhalten des Hinterbaus auf die eigenen Bedürfnisse und das Terrain anpassen.
Bei Schaltung und Bremsen vertraut man auf bewährte Qualität von Shimano. Sowohl bei den Schalthebeln als auch bei Kassette, Kette und Bremsen kommen Komponenten aus der neuen M7000er SLX Reihe zum Einsatz. Lediglich beim Schaltwerk verbaut man ein etwas hochwertigeres XT-Bauteil. Die Schaltqualität leidet jedoch keineswegs unter dem Komponentenmix, denn schon seit einiger Zeit muss sich die SLX in diesem Aspekt nicht mehr vor der renommierten XT verstecken. Dasselbe gilt auch für die Bremsen: Die SLX Stopper dürften mehr als genügend Power für ein Trailbike der Klasse des Rebel Lynx 5.5 Plus haben. Für schwere Fahrer dürfte jedoch die 180mm Scheibe am Vorderrad je nach Fahrweise etwas knapp bemessen sein.
Die eingesetzten Laufräder bestehen aus nicht näher spezifizierten Aluminiumfelgen mit einer üppigen Innenweite für die breiten Pneus und Naben aus dem Hause Joytech. Die Nobby Nics von Schwalbe sind hervorragende Allrounder für fast jedes Geläuf – selbst die anspruchsvollen Bedingungen auf den Testtrails auf Mallorca stellen die Reifen vor keine allzu großen Probleme.
Der Cockpit-Bereich stammt komplett aus der BH-Eigenproduktion: Vorbau und Lenker sind aus Aluminium, die Griffe eher dünn und sportlich. Der kurze Vorbau passt gut in das Konzept des Bikes, jedoch ist der Lenker mit einer Breite von lediglich 740mm nicht mehr Zeitgemäß – hier dürften es gerne ein paar Zentimeter mehr sein.
Die Sattelstütze ist beim BH Rebel Lynx 5.5 Plus ein Thema für sich. Standardmäßig verbauen die Basken eine ganz normale 31.6mm Stütze aus Aluminium – das Fehlen einer Variostütze beschneidet das Trailbike jedoch deutlich in seinen Fähigkeiten. Das weiß man auch bei BH und wird deshalb wie auch bei einigen anderen Modellen ein sogenanntes Trailkit anbieten. Im Regelfall besteht dieses aus einer KS LEV Integra Variostütze und potenteren Reifen zum Preis von 369€. Da beim Rebel Lynx 5.5 Plus aber mit den Nobby Nics schon sehr gute trailtaugliche Pneus verbaut sind, wird das Trailkit lediglich aus der Variostütze bestehen. Das ist auch der Grund, weshalb derzeit der Preis für das Trailkit noch offen ist.
BH Rebel Lynx 5.5 Plus: Die Wahrheit auf dem Trail
Wir hatten die Chance, das BH Rebel Lynx 5.5 Plus im Rahmen eines Pressecamps auf den wunderschönen Trails im Biker-Paradies auf Mallorca ausgiebig zu testen. Wer selbst schon einmal mit dem MTB auf der Urlaubsinsel unterwegs war, kann sich ein Bild machen – allen anderen sei das Testgeläuf kurz skizziert: Steil, felsig, verwinkelt – Heimterrain für ein Rad der Klasse des BH Rebel Lynx 5.5.
Anfangs hatten wir durchaus bedenken, wie sich das Bike angesichts der langen Kettenstreben auf den engen Trails schlagen würde. Zu unserer Überraschung machten sich die 485mm hier weniger bemerkbar als gedacht. Im Gegenteil: Das Rebel Lynx zeigte sich sogar recht verspielt – das liegt sicherlich auch an dem für ein E-MTB dieser Klasse recht kurzen Radstand, der zwar mit einem kürzeren Hauptrahmen und geringerem Reach ‚erkauft‘ wird, was sich aber während unserer Fahrt nicht negativ bemerkbar machte.
Beim Fahrwerk stach der wirklich hervorragend funktionierende Hinterbau heraus, der sich einerseits schluckfreudig zeigte, aber auf Transferpassagen auch die nötige Straffheit nicht vermissen ließ. Schaltung und Bremsen funktionierten unauffällig gut, selbst die 180mm Scheiben machten uns auf den eher kurzen, dafür aber knackigen Abfahrten keine Probleme.
Der Yamaha Motor wusste mit einer angenehmen Unterstützung zu überzeugen – die zusätzlichen Watt sind – je nach Unterstützungsstufe mal mehr mal weniger – spürbar, man hat aber nie das unangenehme Gefühl, über den Trail geschoben zu werden. Der neue Extra Power Mode gehört zu dem stärksten, was wir auf einem E-MTB bisher gefahren sind und ist vor allem an extrem steilen Rampen nützlich. Bei hoher Leistung wird der Motor jedoch ziemlich laut. Das Display ist trotz seiner Kompaktheit gut ablesbar, die Position neben dem Vorbau ist super und der Bedienhebel funktioniert hervorragend.
Die unspektakuläre Reifenkombination mit Nobby Nic und Nobby Nic funktionierte auch dank der 3 Zoll Überbreite hervorragend und brachte Grip en Masse – wer es einfach laufen lässt, kann mit dem Rebel Lynx 5.5 Linienwahl einfach Linienwahl sein lassen und richtig über den Trail ballern.
Alles super also? Nicht ganz: Mit dem Cockpit wurden wir während unserer Testfahrt nicht ganz glücklich. Zum einen fällt der Lenker mit nur 740mm einfach deutlich zu schmal aus. Das kostet viel Kontrolle und ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Zumal man einen breiten Lenker auf Wunsch auch problemlos noch kürzen könnte. Auch die Griffe sind eher ein Fall für Hartgesottene. Der Grip ist zwar ganz ordentlich, aber Dämpfung gibt es quasi gar keine.
An unseren Testbikes waren allesamt Variostützen verbaut, zu der wir auch allen Käufern dringend raten würden und die im Rahmen des Trailkits erhältlich sein wird. Dennoch finden wir es etwas enttäuschend, dass man in der Serienausstattung darauf verzichtet hat – gerade angesichts der ansonsten hochwertigen Komponenten und des gehobenen Preises.