Test: Mit viel Argwohn betrachten Fahrradkenner oft sogenannte „Discounter-Räder“ – eben Fahrräder, die man im Baumarkt, im Großversand oder eben bei jenen Discountern für schmales Geld bekommt. Inzwischen findet man dort eben auch immer mehr E-Bikes zu vermeintlichen Schnäppchenpreisen. Mit dem Rex Bergsteiger 7.9 haben wir ein E-Fully für lediglich etwas mehr als 2.000€ getestet. Wie verläuft der Bestellprozess? Was bekommt man für so wenig Geld? Wie läuft es mit einer etwaigen Rückgabe?
Die Bestellung des Rex Bergsteiger 7.9, in unserem Fall im Onlineshop von Lidl, verlief komplett reibungslos. Der Bestellprozess selbst ist transparent, das Rad wird in einem festen Karton direkt nach Hause geliefert. Eine Spedition meldet sich telefonisch vor der Anlieferung um einen Termin zu vereinbaren. Gerade für Berufstätige ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Das Rad ist auch bei zahlreichen anderen großen Versendern erhältlich – beispielsweise bei Otto. Auch der eine oder andere Baumarkt hat das Rad im Programm. Alternativ gibt’s das günstige E-Fully auch direkt bei Rex im Onlineshop.
Rex Bergsteiger 7.9 – Aufbauqualität mit Licht und Schatten
Diejenigen, die sich ein Rad wie das Rex Bergsteiger 7.9 im Versandhandel kaufen, möchten Zuhause wenn möglich nicht mehr allzu viel selbst schrauben. Erfreulicherweise kommt das Rad auch großteils vormontiert: Letztendlich müssen nur noch der Lenker gerade gestellt und die Pedale montiert werden. Dafür braucht es lediglich einen 5mm Inbus und einen 15er Maul- oder Pedalschlüssel. Positiv fiel uns auf, dass nicht nur die Scheibenbremsen, sondern auch der Steuersatz bereits ab Werk sehr gut eingestellt waren. Weder hatte das Lager Spiel, noch schliffen die Bremsen. Daumen hoch dafür – das klappt selbst bei deutlich teureren Versandrädern nicht immer so gut.
Weniger Sorgfalt ließ man offensichtlich bei der Einstellung der Schaltung walten: Die Zugspannung war viel zu hoch und so musste man hier zunächst etwas Zeit investieren. Wer hier technisch weniger versiert ist, steht bereits vor dem ersten Problem. Weniger technisches Verständnis erfordert ein anderer kleiner Montagemangel: Der Lockout-Hebel für die Gabel war um 180° verdreht montiert und konnte so nicht betätigt werden. Zu guter Letzt vermissten wir noch eine Dämpferpumpe in Lieferumfang; zwar braucht man diese für die Stahlfedergabel nicht, doch der Dämpfer im Hinterbau des Fullys arbeitet mit Luftdruck und kommt ab Werk kaum aufgepumpt. Ohne entsprechende Pumpe kann das Rad damit für die allermeisten Fahrer nicht in einen fahrbereiten Zustand gebracht werden. Hier hätten wir uns zumindest einen Hinweis auf der Webseite oder im Laufe des Bestellprozesses gewünscht.
Bei genauerer Betrachtung fielen uns noch zwei weitere Mängel auf: Beide Laufräder hatten einen leichten Seitenschlag – das ist zwar nicht weiter tragisch und beeinträchtigt auch die Funktion in keinster Weise, doch bei einem neuen Rad sollte dies nicht vorkommen. Etwas schwerer wiegt hingegen der komplett offenliegende Stecker im Bereich des Tretlagers. Wir finden keinerlei Hinweise in der Anleitung, wofür dieser genutzt werden kann, jedoch schleift das Plastik nicht nur am Kettenblattschutz, sondern die offenen Kontakte würden uns gerade in Herbst und Winter einiges Unbehagen bereiten. Während unseres Tests konnten wir jedoch keine Probleme feststellen.
Rex Bergsteiger 7.9 – AEG Antrieb und solide Ausstattung
Nach den angesprochenen kleinen Montage- und Wartungsarbeiten konnte es – dank des bereits voll aufgeladenen Akkus – auch direkt losgehen. Angetrieben wird das Rex Bergsteiger 7.9 von einem AEG SportDrive Mittelmotor, der bei 48V 250W liefert und bis zu 60Nm auf den Untergrund bringen soll. Ein großes Monochromdisplay in der Mitte des Lenkers gibt die nötigsten Infos wie Geschwindigkeit, Unterstützungsstufe und Ladestand und eine kompakte Remote erlaubt die Steuerung des Antriebs. Der Akku ist mit 487Wh überraschend groß dimensioniert und verspricht doch einige Kilometer an Reichweite.
Die übrige Ausstattung ist angesichts des Preises von nur knapp über 2.000€ erstaunlich hochwertig: Das Shimano XT 10-fach Schaltwerk wird mit einem Deore Hebel angesteuert und die Kette läuft über eine 11-36 Kassette. Schön ist der Suntour Raidon Luftdämpfer im Hinterbau, mit dem die eher unterdurchschnittliche Suntour XCM Stahlfedergabel nicht ganz mithalten kann. 100mm Federweg gibt es übrigens vorn und hinten. Die hydraulischen Scheibenbremsen von Shimano sind vollkommen ausreichend und in der Regel auch sehr sorglos in der Wartung. Schön sind die MountainKing Markenreifen von Continental – auch wenn hier die günstige Gummimischung zum Einsatz kommt, die im feuchten Gelände ihre Problemchen hat.
Auf eine StVZo Ausstattung muss man verzichten – immerhin handelt es sich offiziell um ein Mountainbike. Lediglich der Seitenständer ist ein Zugeständnis an die Alltagstauglichkeit.
Rex Bergsteiger 7.9 – Komfortable Sitzposition und leiser Motor
Die erste Abstimmung auf den Fahrer ist angesichts der begrenzten Möglichkeiten recht schnell erledigt: Dämpfer auf Druck bringen, Sattelhöhe einstellen, Reifen aufpumpen und los geht’s. Übrigens: Nicht mehr zeitgemäß ist der Umstand, dass das Rad lediglich in einer einzigen (!) Rahmengröße von 50cm angeboten wird. Fahrer unter 1,75m und über 1,90m schauen in die Röhre. Die Gabel erweist sich schon auf dem Parkplatz als zu weich für unseren knapp 85kg schweren Testfahrer und taucht sofort ganz in den Federweg ein. Da kann auch die Einstellung zur Federvorspannung nicht helfen. Angesichts des sehr guten zulässigen Gesamtgewichts von 150kg – theoretisch sind also auch Fahrer mit einem Gewicht jenseits der 100kg kein Problem – muss man sich durchaus fragen, ob hier eine einstellbare Luftfedergabel nicht die wesentlich bessere Variante gewesen wäre.
Der Antrieb hingegen macht einen durchaus ordentlichen Eindruck: Auf den beiden höchsten der insgesamt fünf Unterstützungsstufen schiebt er gut spürbar an und ist überdies auch erfreulich leise. Die Bedienung ist intuitiv und geht auch E-Bike Neulingen leicht von der Hand, lediglich das Aktivieren der Schiebehilfe geriet für uns ein ums andere Mal zum Geduldspiel.
Die Sitzposition auf dem Rex Bergsteiger 7.9 ist ganz klar tourenorientiert und nicht mit einem modernen, sportiven Mountainbike vergleichbar. Die hohe Front und der sehr kurze Rahmen sorgen für eine aufrechte und bequeme Sitzposition. So fährt man durchaus entspannt dahin, Sattel und Griffe machen einen guten Eindruck und dürften den allermeisten Käufern im Alltag keine Probleme bereiten.
Rex Bergsteiger 7.9 – Im Gelände hört der Spaß auf
Doch klar: Das Bergsteiger heißt Bergsteiger und wird auch als Mountainbike angepriesen – deshalb ließen wir es uns natürlich nicht nehmen, auch den einen oder anderen Ausflug ins Gelände zu machen. So gut sich das günstige E-MTB auf Asphalt und Schotter zuvor auch geschlagen hatte, musste es dann hier doch schnell Federn lassen. Das beginnt bei der eigentlichen Stärke eines E-MTBs, nämlich steilen, unbefestigten Anstiegen. Hier geht dem Antrieb doch recht schnell die Puste aus und selbst in der höchsten Unterstützungsstufe braucht es stramme Waden, um das über 26kg schwere Bike den Berg nach oben zu wuchten. Ihren Anteil daran hat auch die sehr sportliche Übersetzung mit dem großen Kettenblatt vorn und der 11-36er Kassette hinten.
Noch klarer werden die Defizite im Gelände wenn es bergab geht: Die sehr tourige Geometrie und die unterdurchschnittliche Federgabel führen hier zusammen mit dem langen Vorbau und dem viel zu schmalen Lenker zu einem äußerst unsicheren Fahrverhalten – immerhin die Bremsen und der Hinterbau funktionieren ordentlich. Nach der ersten kurzen Abfahrt über einige kleinere und größere Wurzeln nehmen wir zudem ein unangenehmes und spürbares Klappern im Bereich des Motors wahr. Die Ursache war schnell gefunden: Der gesamte Motor hatte sich gelockert und wackelte bei jedem Antritt munter im Rahmen hin und her. Zwar ließ sich das Problem durch Anziehen der fünf Schrauben beheben, doch diese lockerten sich in der nächsten Abfahrt sofort wieder – hier hilft nur das Aufbringen von Schraubensicherung, die bereits ab Werk erfolgen sollte.
Nach diesen doch eher ernüchternden Erfahrungen abseits befestigter Wege beendeten wir unseren Trail-Ausflug recht zügig. Andererseits muss man natürlich auch in Betracht ziehen, dass das Rex Bergsteiger 7.9 wohl für viele Käufer eher ein komfortables Tourenrad für Stadt, Land und Schotterwege sein dürfte und nur selten auf richtigen Trails bewegt werden wird.
Rex Bergsteiger 7.9 im Lidl Onlineshop – Problemloser Rückversand
Lidl wirbt in seinem Onlineshop mit einem großzügigen Rückgaberecht von 90 Tagen, das wir nach einigen Testfahrten auch in Anspruch nahmen. Also: Rad zurück in den Karton und im sehr gut strukturierten Kundenportal die Rückgabe angestoßen. Bereits kurze Zeit später erhielten wie die Bestätigung und einen Anruf der Spedition um einen Abholtermin zu vereinbaren. Das Bike haben wir vom gröbsten Schmutz befreit und wieder in den Originalkarton gepackt – so ging es kostenlos zurück auf die Reise zu Lidl. Ungefähr zehn Werktage später erfolgte die komplette Rückerstattung des Kaufpreises. Daumen hoch für die sehr gute Abwicklung an dieser Stelle!