Diamant Sueva Trip Plus im Test: Vorhang auf für ein E-Bike, das auf den ersten Blick nicht alle seine Karten aufdeckt, bei genauerem Hinsehen jedoch mit einer Fülle an durchdachten Features und einer beeindruckenden Wandlungsfähigkeit überrascht. Wir haben das Diamant Sueva Trip Plus, ein SUV-E-Bike der neuesten Generation, auf Herz und Nieren geprüft und verraten, ob dieser vielseitige Begleiter das Zeug zum neuen Lieblings-Tourer hat.
Das Segment der SUV-E-Bikes wird so unterschiedlich interpretiert wie kaum ein anderes. Die Bandbreite reicht von sportlichen Mountainbikes mit Schutzblechen bis hin zu komfortorientierten Trekking-Plus-Rädern. Diamant positioniert das Sueva als einen komfortablen Tourer, der sich jedoch nicht so leicht in eine Schublade stecken lässt. Denn dieses E-Bike hat es faustdick hinter den Ohren.
Das Sueva Konzept – Mehr als nur ein SUV
Die Grundlage des Diamant Sueva Trip Plus bildet ein solider Hardtail-Aluminiumrahmen mit einem cleveren Design-Feature: Das Sueva ist von Haus aus ein Tiefeinsteiger; für Fahrer, die eine andere Optik bevorzugen oder zusätzliche Funktionalität wünschen, bietet Diamant jedoch optional den sogenannten „Accessory Bar“ an. Das abnehmbare Oberrohr kostet rund 90 Euro Aufpreis und ist kein struktureller Bestandteil, sondern ein Zubehörteil, das dem Rad die Anmutung eines klassischen Diamantrahmens verleiht. Die Montage sollte laut Diamant vom Händler durchgeführt werden, ist für versierte Schrauber aber auch selbst machbar.
Komfort für die Langstrecke
An der Front sorgt eine Gabel mit 100 mm Federweg für Komfort. Das klingt nach nicht allzuviel Weg, ist für den anvisierten Einsatzzweck als komfortabler Tourer jedoch absolut ausreichend. Das Testbike in der Modellvariante „Trip Pro“ war mit einer hochwertigen Fox AWL ausgestattet, die auf der Fox 36 basiert und sich fein auf das Fahrergewicht einstellen lässt.
Als Antrieb dient dem Diamant Sueva Trip Plus der neueste Bosch Performance Line CX der 5. Generation. Dieser bewährte Motor ist bekannt für seine Kraft und Zuverlässigkeit; aktuell liefert er 85 Nm Drehmoment und 600 Watt Maximalleistung. Ein spannendes Detail: Ab Juli soll ein Update verfügbar sein, das die Leistung auf bis zu 100 Nm maximales Drehmoment und 750 Watt Maximalleistung anhebt – und das für alle Ausstattungsvarianten des Sueva.
Das Testrad war mit dem großen 800-Wattstunden-Akku von Bosch ausgestattet. Alternativ sind auch Varianten mit einem kompakteren und leichteren 600-Wh-Akku erhältlich. Die Batterie ist elegant im Unterrohr integriert und wird von einer hochwertigen Aluminium-Klappe verdeckt, die magnetisch gehalten wird und nicht klappert. Ein pfiffiges Detail ist die Entnahme des Akkus: Er wird schräg seitlich herausgenommen, was besonders komfortabel ist und verhindert, dass er herunterfällt oder man am Oberrohr aneckt. Selbstverständlich ist der Akku zusätzlich mit einem Schloss gesichert.
Steuerung und Information – Kiox 500 im Zentrum
Die Bedienung des Systems erfolgt über die Bosch LED Remote, die ergonomisch und funktional ist. In allen Ausstattungsvarianten des Sueva ist sie mit dem großen Kiox-500-Display von Bosch kombiniert. Dieses bietet eine Vielzahl an Anzeigeoptionen, ist über die Flow App konfigurierbar und kann für die Navigation auch detaillierte Karten darstellen (ggf. kostenpflichtiges „Flow Plus“-Abo nötig) sowie Warntöne abgeben.
Stauraumwunder Sueva: Flexibilität für jede Tour
Eine der herausragendsten Eigenschaften des Diamant Sueva Trip Plus ist seine unglaubliche Vielseitigkeit beim Gepäcktransport. Hier haben die Entwickler ganze Arbeit geleistet. Der bereits erwähnte „Accessory Bar“ ist weit mehr als nur ein optisches Gimmick. Es handelt sich um ein Aluminium-Rail, das vielfältige Befestigungsmöglichkeiten bietet: Unterhalb können mittels Zurrgurten Taschen oder andere Gegenstände befestigt werden; oben auf dem Bar finden sich Montagepunkte für eine verschraubte Oberrohrtasche. Zudem lassen sich verschiebbare Ösen einsetzen, an denen bis zu zwei oder sogar drei weitere Flaschenhalter montiert werden können. Das Alu-Profil ist dabei äußerst stabil konstruiert.
Doch damit nicht genug: Das Sueva bietet eine Fülle weiterer Anschraubpunkte. Vorne am Steuerrohr können rechts und links weitere Flaschenhalter oder Zubehör angebracht werden. An der Hinterseite des Sitzrohrs ist Platz für die Befestigung eines Faltschlosses oder einer Werkzeugtasche. An der Oberseite des hinteren Schutzblechs kann mittels eines Adapters der Bosch PowerMore 250 Range Extender (für über 1.000 Wh Gesamtkapazität mit dem 800er Akku) oder anderes Zubehör montiert werden.
Dazu gibt es einen Mik-HD-kompatiblen Gepäckträger, der bis 27 kg belastbar und damit auch für einen Kindersitze geeignet ist. Er bietet klassische Rails für Packtaschen (z. B. von Ortlieb) und zusätzliche Bohrungen für Flaschenhalter an den seitlichen Streben. Anstelle einer klassischen Federklappe gibt es flexible Spanner. Diese unglaubliche Flexibilität macht das Sueva zu einem echten Reiserad oder Bikepacking-Spezialisten.
Belastbarkeit im Fokus – souverän bis 160 kg
Ein weiterer wichtiger Aspekt für ein tourentaugliches Rad ist die Zuladung. Das Diamant Sueva glänzt hier mit einem maximal zulässigen Gesamtgewicht von 160 Kilogramm. Da das Rad selbst in allen Ausstattungsvarianten unter 30 Kilogramm wiegt (das Testmodell in L/XL ca. 28 kg), ergibt sich eine beeindruckende Zuladung von mindestens 130 Kilogramm.
Neben den großen Features sind es oft die kleinen Dinge, die ein Rad besonders machen. Das Sueva hat auch hier einiges zu bieten: So werden die Züge und Leitungen vorne am Steuersatz in den Rahmen geführt, laufen aber nicht durch das Lager selbst, sondern daran vorbei ins Unterrohr. Das ist ein guter Kompromiss zwischen sauberer Optik und Wartungsfreundlichkeit. Für Sicherheit sorgt ein im Rahmen verstecktes Fach für einen Apple AirTag. Zudem ist das Rad für das Bosch Connect Module (GPS-Tracking) vorbereitet, das optional nachgerüstet werden kann.
Die Schutzbleche sind ausreichend lang und durchdacht. Eine kleine Verlängerung am Kettenschutz verhindert effektiv, dass sich die Hose in der Kette verfängt. Das Sueva ist mit einem Pletscher-Seitenständer ausgestattet, der auch bei Fahrten im Gelände nicht klappert – ein Detail, das viele Tourenfahrer zu schätzen wissen.
Ausstattungsvarianten „Style“ und „Trip“: Für jeden Geschmack das Richtige
Das Sueva Style (ab 5.600 Euro) ist der elegante und wartungsarme Begleiter für den Alltags- und City-Einsatz. Dieses Modell kommt mit einer etwas zahmeren Bereifung und setzt auf die wartungsarme „Enviolo Heavy Duty“-Nabenschaltung in Kombination mit einem Gates-Carbonriemen. Das sorgt für weniger Übersetzungsbandbreite, aber auch für einen leiseren Betrieb und geringeren Wartungsaufwand.
Das Sueva Trip ist als sportlicher Tourer mit Kettenschaltung konzipiert und kommt in den Ausstattungsvarianten Pro (5.600 bzw. 6.000 Euro) und Plus (4.600 bzw. 5.000 Euro). Beim Topmodell gibt es die elektronisch schaltende Shimano Cues Di2 mit elf Gängen mit den verschleißarmen, speziell für E-Bikes entwickelten Linkglide-Bauteilen. Die Federgabel ist eine Fox AWL mit 100 mm Weg – luftgefedert und auf hohen Komfort ausgelegt. Eine Besonderheit ist die kombinierte Teleskop- und Federstütze mit 100 mm Hub, die zusätzlichen Komfort auf unebenen Strecken bietet.
Dazu gibt es einen sehr hellen Supernova-Frontscheinwerfer und ein im Gepäckträger integriertes Rücklicht mit Bremslichtfunktion (via Beschleunigungssensor). Gestoppt wird mit der MT30-Vierkolbenbremse von Magura mit 203er Scheiben vorne und hinten. Diese bieten ausreichend Bremskraft, wobei man sich beim Topmodell eventuell eine noch höherwertige Bremse wie eine Magura MT7 hätte vorstellen können.
Das Diamant Sueva in der Praxis: Komfort hat Vorfahrt
Auf dem Diamant Sueva nimmt man in einer sehr aufrechten und komfortablen Position Platz. Die Front ist hoch, der Rahmen eher kurz, was besonders Fahrern entgegenkommt, die Wert auf eine entspannte Haltung legen und Rücken sowie Nacken schonen möchten. Für sehr sportlich orientierte Radler könnte die Geometrie (selbst in der größten L/XL-Größe für einen 1,87 m großen Tester) fast schon zu kompakt sein. Die Kontaktpunkte wie die Flügelgriffe und der breite Sattel unterstreichen den konsequenten Fokus auf Komfort.
Der Bosch CX schiebt auch an steilen Anstiegen kräftig an, und die „Shimano Cues Di2“-Schaltung wechselt die Gänge auch unter Last zuverlässig. Die Johnny Watts Reifen 3.65 mit Double-Defense-Karkasse rollen auf Asphalt erstaunlich leise und bieten einen hervorragenden Kompromiss aus Leichtlauf und Grip für unbefestigte Wege. Auch auf schmalen Pfaden mit Wurzeln kann das Sueva bestehen, stößt aber an seine konzeptionellen Grenzen. Es ist kein Mountainbike für anspruchsvolle Trails, aber für Abkürzungen über Feldwege oder Schotterpisten ist man bestens gerüstet. Die gefederte Sattelstütze leistet hier gute Dienste. Auf sehr unebenem Untergrund machte sich am Testbike jedoch der Accessory Bar durch leichtes Rappeln bemerkbar. Dies ist nicht übermäßig störend, aber erwähnenswert. Ansonsten fährt sich das Sueva erfreulich leise, wozu auch der klapperfreie Ständer beiträgt.
Fazit Diamant Sueva: Reiserad für Komfort-Liebhaber
Das Diamant Sueva ist ein E-Bike, das mit seiner dezenten Optik täuscht und bei genauer Betrachtung eine beeindruckende Fülle an durchdachten Funktionen und eine enorme Vielseitigkeit offenbart. Die hohe Zuladung, die unzähligen Befestigungsmöglichkeiten und das Potenzial als Reise- oder Bikepacking-Rad machen es zu etwas Besonderem auf dem Markt.
Die sehr komfortorientierte, aufrechte Sitzposition ist ein entscheidendes Merkmal und dürfte nicht jedermanns Fall sein. Wer jedoch genau das sucht – ein extrem bequemes, anpassungsfähiges und robustes E-Bike für lange Touren, den Alltag mit viel Gepäck oder ausgedehnte Radreisen –, der findet im Sueva einen äußerst fähigen Partner. Die Verarbeitung und die Qualität der Komponenten, insbesondere beim getesteten „Trip Pro“-Modell, sind dem Preis von 5.000 bis 6.000 Euro angemessen, auch wenn dieser im oberen Segment angesiedelt ist.
Wir empfehlen dringend eine Probefahrt, um herauszufinden, ob die spezielle Geometrie und das Gesamtkonzept zu den eigenen Bedürfnissen passen. Wenn die Chemie stimmt, erhält man mit dem Diamant Sueva ein E-Bike, das in puncto Flexibilität und Konzeption seinesgleichen sucht.