Spektrum: Schon im Jahr 1991 bekannte sich Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel auf sehr charmante Art zum Fahrrad. In dem Lied „Mein Fahrrad“ ließ er kein gutes Haar an Autofahrern und hob den Genuss des Fahrradfahrens hervor. 16 Jahre später erhält er, wenn auch nicht unbedingt wegen des Liedes, den Preis als fahrradfreundlichste Persönlichkeit. Verliehen wird die Auszeichnung am 3. April auf dem Nationalen Radverkehrskongress in Mannheim.
Mit dem Preis gesellt sich der Prinzen-Frontmann in die Reihe anderer Persönlichkeiten wie Jürgen Trittin oder Peter Lohmeyer. Beim Deutschen Fahrradpreis handelt es sich um eine Initiative des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreis in Nordrhein-Westfalen. Im Interview steht der neue Preisträger Rede und Antwort.
Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel im Interview
Was glauben Sie, warum erhalten Sie diesen Preis?
Gute Frage – ich war selbst anfangs überrascht, als ich gefragt wurde. Sicher gibt es aktivere Fahrradfahrer als mich, obwohl ich zur Zeit schon recht regelmäßig fahre. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich seit Jahren Mitglied im Pegasus Qualitätsrat bin. Das ist eine illustre Runde, ins Leben gerufen von Europas größtem Fahrrad-Händlerverbund ZEG. Wir wollen das Fahrradfahren als solches promoten. Es ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel, das es verdient hat, mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu geraten, und genau darum kümmern wir uns.
Wie oft und wie viel fahren Sie mit dem Fahrrad?
Eigentlich bin ich ein klassischer Schönwetter-Fahrer, das gebe ich gern zu. Aber jetzt habe ich im Januar aufgehört zu rauchen – ich könnte auch sagen: vor fünf bis sechs Kilogramm – wie das eben so ist. Das hat mich ermuntert, auch in den letzten Wochen regelmäßig zu fahren, also auch bei Wind und Wetter, und ich muss sagen: das geht wunderbar, wenn man die passenderen Klamotten anhat. Wann und wie haben Sie das Fahrradfahren erlernt? Das muss vor meiner Geburt gewesen sein (lacht). Ich glaube, das war in der Vorschulzeit. Später, als ich Thomaner war, gehörte es zum guten Ton, ein Fahrrad zu haben, es war fast eine Art Statussymbol. Dabei ging es weniger um das technisch beste Rad, es ging mehr um Äußerlichkeiten, um coole Rückspiegel oder stylische Aufkleber.
Haben Sie eine Lieblingstour, eventuell auch einen Geheimtipp?
Ich lebe in Leipzig, das ist meine absolute Lieblingsstadt, aus ganz verschiedenen Gründen. Unter anderem ist Leipzig eine wirklich fahrradfreundliche Stadt mit sehr viel Grün und gut ausgebauten Fahrradwegen. Es gibt bei uns sogar Ampeln extra für Fahrradfahrer. Meine Lieblingsstrecken sind in und um Leipzig. Im Süden der Stadt beginnt der Auwald, und an den Grenzen dann die ganzen ehemaligen Braunkohle-Tagebau-Löcher, die vor Jahren gefluten wurden und heute eine Seenlandschaft bilden, die wunderschön ist. Eine Runde um den Cospudener See ist 11 km lang und die fahre ich gern immer wieder.
Was ist für Sie das Faszinierende am Radeln?
Du bist an der frischen Luft, du bewegst dich und du kommst, gerade in der Stadt, oft schneller von A nach B als mit dem Auto.
Hat Sie das auch zu Ihrem Hit „Mein Fahrrad“ inspiriert?
„Nur Genießer fahren Fahrrad und sind immer schneller da“ – ja, ganz im Ernst: Als ich als 11jähriger mit dem Thomanerchor in Japan war, führen wir immer mit hochmodernen Bussen von Konzert zu Konzert. Ich weiß noch, wie verwundert wir waren, als uns im Berufsverkehr von Tokio immer wieder die Fahrradfahrer überholten, die sich im Stau durch die Auto-Lawine schlängelten. Das kannten wir damals noch nicht – Stau, dafür gab es im Osten zu wenig Autos.
Was halten Sie vom E-Bike?
Absolut cool. Ich habe seit ein paar Jahren eins. Bei meiner ersten Fahrt habe ich gestaunt und war sofort angefixt. Es ist wirklich cool, macht Spaß und trotz Motorunterstützung bewegt man sich körperlich.
Zu Ihrer Tätigkeit im PEGASUS-Qualitätsrat: Was haben Sie da schon auf den Weg gebracht?
Für mich waren die Reisen nach Vietnam, Kambodscha, Singapur und Malaysia am spannendsten. Wir haben uns dort unter anderem die Fabriken angesehen, in denen das Gros der Fahrräder gebaut wird, die wir hier in Europa fahren. Wir wollten checken, ob die Produktionsbedingungen fair und human sind, und wir waren wirklich begeistert. Ich hätte niemals gedacht, dass ich so was spannend finden könnte, aber es war ernsthaft beeindruckend, zu sehen, wie modern und wirklich hochtechnisiert diese Fabriken sind. Wir haben die so genannte Pegasus Qualitätswerkstadt ins Leben gerufen – eine Art TÜV für Fahrräder und gerade wird eine Studie zur Gesundheit beim E-Bike-Fahren erstellt, das ist unser aktueller Ansatz.
Was wünschen Sie sich als Radfahrer von der Politik und den Kommunen?
Es ist immer sehr leicht, zu fordern. Aber natürlich ist es wichtig, darauf zu achten, dass Fahrradfreundlichkeit gerade in Großstädten mehr und mehr ein Thema wird. Das ist nun mal die Zukunft. Viele Innenstädte werden in den nächsten Jahren autofrei sein, und das ist gut so. Der Ausbau von Fahrradwegen ist Aufgabe der Politik und der Kommunen, und das kann man ruhig immer wieder anregen. Aber jeder von uns selbst ist gefragt, wenn es darum geht, sich auf den Straßen fair zu bewegen. Als Autofahrer gegenüber den Fahrradfahrern oder als Fahrradfahrer gegenüber den Fußgängern. Das war auch der Grund, warum wir die Aktion „Ich fahr´mit Herz“ ins Leben gerufen und zu deren Auftakt in Berlin auf dem Tempelhofer Feld die längste Fahrradschlange der Welt gebildet haben. Fairness kann die Politik nicht regeln, darum müssen wir uns selbst kümmern, jeder Einzelne, und das ist gar nicht so schwer.