Test / E-MTB: Mit 140 mm Federweg und Bosch SX Motor steht das KTM Macina Scarp SX in einer Reihe mit zahlreichen aktuellen Light E-MTBs. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Österreicher mit dem Rad ihre ganz eigenen Wege gehen.
Das KTM Macina Scarp SX zählte im vergangenen Sommer zu den ersten Bikes, die mit dem neuen, leichten Bosch SX Motor vorgestellt wurden. Auf den ersten Blick erschien der Neuling der Österreicher als optisch gefälliges, technisch aber wohl bekanntes Bike: Carbonrahmen, 140 mm Federweg, 400 Wh Akku – eben ein leichtes E-Trailbike. Doch schon der zweite Blick machte klar: Das Macina Scarp SX ist anders. Die verbauten Komponenten und die Geometrie passen eher zu einem modernen XC- oder DownCountry Bike als zu einem Trailbike.
Bosch SX Antrieb: Die perfekte Wahl?
Ganz unabhängig von der letztlichen Ausrichtung ist der verbaute Bosch SX Antrieb: Mit seinem Gewicht von rund zwei Kilogramm ist er das bis dato mit Abstand leichteste Aggregat des süddeutschen Antriebs-Riesen und erfreut sich seit seiner Vorstellung großer Beliebtheit. Spannend ist der neue Motor auch aufgrund seiner technischen Daten, die trotz „nur“ 55 Nm Drehmoment eine Maximalleistung von bis zu 600 W versprechen und damit ebenso viel wie der „große Bruder“ CX zum Leisten in der Lage ist. Um diese beeindruckende Leistung aus dem kompakten Antrieb herauszukitzeln, müssen jedoch die Rahmenbedingungen stimmen. Vor allem eine hohe Trittfrequenz ist dafür notwendig. Im „Normalbetrieb“ zählt der neue Bosch Motor jedoch ebenfalls zu dem kräftigsten in seiner Gewichtsklasse.
Bosch Performance SX im ersten Test: Leichter, kompakter … kräftiger?
Test / E-Bike: Mit dem Performance Line SX stellt Bosch seinen ersten leichten Mittelmotor vor. Bei einem Gewicht von rund zwei Kilogramm bringt er ein maximales Drehmoment von 55 Nm und eine maximale Leistung von beeindruckenden 600 Watt. Ihm zur Seite steht mit dem CompactTube 400 ein neuer Akku und ein optionaler Range Extender mit […]
Dem Bosch SX Motor zur Seite steht der CompactTube 400 Akku im Unterrohr des KTM Macina Scarp SX. Über eine per Schloss gesicherte Klappe lässt sich der Akku sogar ganz bequem nach oben aus dem Unterrohr entnehmen. Das ist an leichten E-MTBs keineswegs selbstverständlich und in Zeiten fest integrierter Akkus ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Zumal das Gewicht des Bikes trotzdem gering ausfällt: Unser Testbike bringt in der Exonic-Ausführung und in Rahmengröße L ohne Pedale sehr gute 16,6 kg auf die Waage.
Vorbereitet für Range Extender
Wem die Reichweite des 400 Wh Akkus nicht genügt und wer keinen Zweitakku mitnehmen möchte, der kann die Gesamtkapazität per PowerMore 250 Range Extender erweitern. Dieser wird im Falle des KTM Macina Scarp SX auf dem Unterrohr, bzw. auf der Akku-Abdeckung montiert. Die entsprechenden Löcher in Flaschenhalter-Abstand sind jedoch nur vorgestanzt und müssen von der Innenseite noch vollends durchgebohrt werden. Anschließend kann der Range Extender (oder ein regulärer Flaschenhalter) über entsprechende Gegenhalter montiert werden. Eine eigenwillige Lösung, die es aber erlaubt, bis zu drei Flaschenhalter zu montieren: Zwei auf dem Akku-Cover und ein weiterer unter dem Unterrohr.
Die Steuerung des Antriebs erfolgt über die bekannte, kabellose Mini Remote am Lenker, der System Controller im Oberrohr bietet LEDs zur Anzeige des Ladestands und der Unterstützungsstufe und ist Schnittstelle für die Flow App am Smartphone. Ein echtes Display gibt es nicht, ließe sich auf Wunsch jedoch nachrüsten.
Eher Race- als Trailbike
Man ist geneigt, das Macina Scarp SX aufgrund seines Federwegs direkt in die Schublade „Trailbike“ zu schieben. Doch schon ein flüchtiger Blick auf die Geometriedaten des KTM Light E-MTBs zeigt, dass das nicht ganz zusammenpasst: Eher steiler Lenkwinkel, etwas kurzer Hauptrahmen, niedrige Front – all das spricht mehr für ein potentes Cross Country Bike, neuerdings auch Down Country genannt. Die Race-Gene sind jedenfalls überdeutlich und machen das Bike ziemlich einzigartig auf dem Markt. Zwar gibt es auch andere leichte Vertreter in dieser Fahrradklasse (Fantic Rampage, Scott Lumen, BH iLynx Race), doch diese setzen allesamt auf deutlich schwächere Antriebssysteme.
M | L | XL | |
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Sitzrohr (in mm) | 430 | 450 | 480 |
Reach (in mm) | 456 | 472 | 499 |
Stack (in mm) | 601 | 615 | 629 |
Lenkwinkel (in °) | 66 | 66 | 66 |
Sitzwinkel eff. (in °) | 76,5 | 76,5 | 76,5 |
Tretlagerabsenkung (in mm) | 30 | 30 | 30 |
Kettenstreben (in mm) | 451 | 451 | 451 |
Radstand (in mm) | 1208 | 1231 | 1264 |
Oberrohr horiz. (in mm) | 600 | 620 | 650 |
Steuerrohr (in mm) | 90 | 105 | 120 |
KTM Macina Scarp SX Exonic: Die Ausstattung
Was die Geometriedaten bereits vermuten lassen bestätigen die verbauten Komponenten – zumindest teilweise. Fox 34 und Float Dämpfer, beide in ihrer Factory-Ausführung sind nicht überraschend und passen gut zu dieser Fahrradklasse. Die Grip2 Dämpfungskartusche in der Gabel ist dagegen alles andere als selbstverständlich und selbst zahlreiche High-End E-Enduros verzichten auf die Top-Kartusche aus dem Hause Fox.
Geschaltet wird mit der aktuellen Sram Top-Gruppe XX Eagle Transmission, deren kabellose Ansteuerung wie auch bei der Reverb AXS Dropper Post zum enorm cleanen Cockpit beiträgt. Letztere bringt leider nur 125 mm Hub mit, was auf dem Trail eine deutliche Einschränkung darstellt und aufgrund des kurzen Sitzrohrs nicht notwendig wäre. Ebenfalls ins höchste Regal gegriffen wurde bei den Bremsen, hier gibt es Shimano XTR in der 4-Kolben-Ausführung mit 180 mm Scheiben vorn und hinten. Die kleine Scheibe an der Front ist am E-MTB grenzwertig und Fahrer jenseits der 80 kg sollten über den Wechsel auf eine 203 mm Scheibe nachdenken.
Rahmen | KTM Macina Scarp Carbon |
Federgabel | Fox 34 Factory Grip2 |
Antrieb | Bosch SX |
Akku | CompactTube 400 |
Dämpfer | Fox Float Factory |
Laufräder | DT Swiss XRC 1501 |
Reifen VR | Schwalbe Racing Ray SuperRace |
Reifen HR | Schwalbe Racing Ralph SuperRace |
Schaltwerk | Sram XX Eagle Transmission |
Schalthebel | Sram AXS Pod |
Kurbel | Sram XX Eagle Transmission |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano XTR M9120 |
Bremsscheiben | Shimano XTR 180/180 mm |
Sattelstütze | RockShox Reverb AXS 125 mm |
Sattel | Selle Italia SLR Boost flow Carbon |
Vorbau | FSA KFX Sic Carbon |
Lenker | FSA KFX Sic Carbon |
Spannend wird es bei den Laufrädern und Reifen: Sowohl der DT Swiss XRC 1501 Laufradsatz als auch die Racing Ray und Racing Ralph Reifen in der harten Speed-Gummimischung und Race-Karkasse würden einem XC-Racebike gut zu Gesicht stehen. Diese Kombination dürfte in ihrer Konsequenz an einem E-MTB einzigartig sein und kommt freilich nicht ohne Kompromisse aus. So ist der sehr leichte Laufradsatz für das geringe zulässige Gesamtgewicht von nur 110 kg verantwortlich.
Das KTM Macina Scarp SX Exonic auf dem Trail
In der Praxis wird der eigenwillige und einzigartige Charakter des neuen KTM Light E-MTBs direkt auf den ersten Metern deutlich. Auf Asphalt rollte das Rad dank der leichten Reifen wie von selbst, der Bosch SX fühlt sich deutlich kräftiger an als an anderen E-MTBs. Leichtfüßig und enorm Vortriebsstark mutiert das Rad so zum Kilometerfresser und macht selbst dort enorm viel Freude, wo man sich mit fast allen anderen E-MTBs langweilt: Forstwege, Schotterpisten, selbst Fahrradwege werden zur Spielwiese und zaubern ein Lächeln ins Gesicht.
Die Sitzposition ist sportlich und seine Race-DNA ist spürbar, dennoch kommt der Komfort nicht zu kurz. Wer jedoch keine Lust auf eine leichte Sattelüberhöhung, eine leicht gestreckte Sitzposition und etwas mehr Druck auf den Händen hat, der dürfte mit dem KTM Macina Scarp SX wohl kaum glücklich werden. Wer jedoch auch mal auf einem XC- oder Marathonbike Platz nimmt, der wird sich hier direkt zuhause fühlen.
Im Gelände zeigt das Macina Scarp SX dann zwei Gesichter: Auf gemäßigtem Geläuf oder Flowtrails kommt ihm sein verspielter Charakter, das geringe Gewicht, sein straffes Fahrwerk und der enorme Vortrieb zugute. Sobald es jedoch etwas anspruchsvoller wird, ist man mit dem neuen KTM E-MTB schnell im roten Bereich: Vor allem die Reifen sind sehr schnell am Limit und bieten weder bei Trockenheit noch bei Nässe besonders viel Traktion. Auch Fahrwerk und Sitzposition tragen dazu bei, dass man seine Linie auf dem Trail mit Bedacht wählen sollte. Dank der 140 mm hat man zwar einige Reserven an Bord, zu sehr sollte man sich jedoch nicht darauf verlassen, dass das Bike die eigenen Fahrfehler ausbügelt.