Technik: Was für die Digitalfotografie die Megapixel, das sind für die Radbeleuchtung Einheiten wie Lux und Lumen: In der Werbung wetteifern Hersteller mit großen Zahlen; die stehen jedoch nur bedingt für die Qualität einer Leuchte. Der pressedienst-fahrrad bringt Licht ins Dunkel der Begriffe und gibt Tipps zur Nachrüstung.
Der Scheinwerfer: Höher, schneller, weiter — oder breiter?
[pd-f/gm] Klassische Leuchtmittel wie Glüh- und Halogenlampen haben am Fahrrad ausgedient: Heutige LED-Beleuchtung hat mit den Funzeln des letzten Jahrtausends nicht mehr viel gemein. Doch die Kraft der Halbleiter muss zielgerichtet genutzt werden. Beleuchtungsstärke und Lichtstrom mit den Einheiten Lux und Lumen werden oft verkaufsdienlich herangezogen — doch was sagen diese Einheiten über einen Scheinwerfer aus? „Die Beleuchtungsstärke in Lux beschreibt die Lichtleistung auf einer angestrahlten Fläche“, erläutert Frank Regge vom Hersteller Busch & Müller. „Diese Fläche kann jedoch sehr klein sein. Ein Laserpointer z. B. strahlt mit mehreren Tausend Lux, doch am Fahrrad ist derart gebündeltes Licht fehl am Platz“, erklärt er. „Die bloße Angabe des Lichtstroms in Lumen führt ebenfalls in die Irre: Der Lichtstrom beschreibt das insgesamt abgegebene Licht der Lichtquelle, trifft aber keinerlei Aussage über die Richtung oder Gleichmäßigkeit.“ Außerdem würden oftmals Messwerte angegeben, die sich lediglich auf das Leuchtmittel, nicht jedoch auf die Lampenkonstruktion bezögen. Dabei blieben Aspekte wie die Kühlung des Scheinwerfers unbeachtet, die erhebliche Auswirkungen auf den Wirkungsgrad im Einsatz haben.
Lichtfeld ist Trumpf
Wichtig sei, die Abstrahlcharakteristik und das resultierende Lichtfeld des Scheinwerfers zu beachten: „Bei indirekter Ausleuchtung mittels eines integrierten Spiegels lässt sich das Lichtfeld präzise berechnen. Komplex geformte Spiegel, die in guten Scheinwerfern verbaut werden, sorgen für breite Ausleuchtung des Nahbereichs direkt vor dem Rad, strahlen aber auch in 30 m Entfernung noch sehr homogen“, ergänzt Regge. Auf diese Homogenität komme es beim Fahrradlicht vor allem an. Das erzeugte Lichtfeld eines Scheinwerfers sei entscheidend für gute Ausleuchtung bei jedem Tempo, ob auf der Geraden oder in Kurven.
Denkt mit und sichert ab: Das Rücklicht
Auch moderne Rücklichter stellen ihre Vorfahren in den Schatten. „Mit sogenannten Glühbirnen betriebene Lampen finden an aktuellen Qualitätsrädern keinen Platz“, erklärt Anke Namendorf von Koga. LEDs sind auch am Velo-Heck Stand der Technik, ebenso wie die Standlichtfunktion. „Gerade am Rücklicht, das man nicht im Blick hat, spielen die langlebigen LEDs ihre Trümpfe aus. Man kann sich auch beim Ampelstopp sicher sein: Die anderen Verkehrsteilnehmer sehen mich“, sagt Namendorf. Mancher Lichthersteller geht da noch weiter: Prismenkonstruktion und clevere Elektronik machen Distanzwarnsysteme sowie Rückleuchten mit Bremslichtfunktion schon heute verfügbar.
Akku- oder Dynamobeleuchtung?
Seit August 2013 sind akkubetriebene Front- und Rücklichter an allen Fahrrädern erlaubt. Bis dato galt dies lediglich für Rennräder mit einem Gewicht bis elf Kilogramm. Als legaler Ersatz zur Dynamobeleuchtung kommen jedoch nur vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) zugelassene und als solche gekennzeichnete Produkte (Wellenlinie und K-Nummer) in Frage. Mit dem Frontscheinwerfer „Ixon Core“ sowie dem Rücklicht „Ixxi“ hat auch Busch & Müller Modelle mit diesem Prüfzeichen im Programm und bietet sie direkt im Set an. „Der Scheinwerfer muss z. B. über eine klare Hell-Dunkel-Kante verfügen, um den Gegenverkehr nicht zu blenden“, erläutert Fachmann Regge eines der Zulassungskriterien. Doch moderne Akkubeleuchtung genügt nicht nur dem geänderten § 67 der StVZO, sondern erfüllt auch in puncto Lichtleistung und Ausleuchtung die Anforderungen an zeitgemäße Fahrradbeleuchtung.
Dennoch sind sich die Fachleute einig: Batterie- und Akkubeleuchtung richtet sich vornehmlich an Sportler. Absolutes Qualitätskriterium am Stadt-, Trekking- oder Reiserad ist nämlich nach wie vor eine fest installierte Anlage mit leichtlaufendem Nabendynamo und LED. Stand der Technik und verbreitetes Sicherheitsplus sind Standlicht, Bremslicht und Tagfahrlicht.
Hauptprofiteur der Gesetzesnovelle: das E-Bike
Auch E-Bikes ziehen für gewöhnlich die Lichtenergie vom Akku, und zwar dem des Antriebs. Die Dynamopflicht galt vormals auch für Elektrovelos und viele Hersteller boten faktisch unzulässige Räder an. Nun reicht eine Stromquelle am E-Bike aus. Damit ist diese Radgattung der Hauptprofiteur der Novelle.
Die innovativen Funktionen der Fahrradbeleuchtung sind natürlich auch am E-Bike zu haben. Doch eine Nachrüstung ist hier nicht ohne Weiteres möglich: „Beleuchtungsanlagen für E-Bikes sind oft speziell auf die jeweiligen Modelle abgestimmt“, sagt Peter Horsch vom Darmstädter E-Bike-Hersteller Riese & Müller. „Wer hier Scheinwerfer und Co. umrüsten will, sollte unbedingt den Hersteller oder den Fachhändler kontaktieren. Sonst droht ein Defekt der Elektronik.“
Integriert in die Zukunft
„In Zukunft werden wir am Fahrrad mehr Integration erleben. Scheinwerfer mit Aufblendlicht und geschwindigkeitsabhängiger Ausleuchtung — nah und breit bei langsamer Fahrt, dafür schmaler und weiter im Trab — sind schon jetzt auf dem Markt“, weiß Stefan Stiener vom Reiseradhersteller Velotraum. „Mit manchen Scheinwerfern kann man über einen internen Pufferakku auch Smartphones, Digitalkameras und Navis per USB-Buchse laden. Gerade für Reiseradler ist es toll, wenn sie über mehrere Tage unabhängig von Steckdosen unterwegs sein können“, führt Stiener aus. Die Firma aus Weil der Stadt bietet an ihren Rädern außerdem Gabeln an, die den Nabendynamostrom steckerlos zur Lichtanlage leiten — sobald das Vorderrad „Gabelkontakt“ hat und rollt, können die Strahler loslegen. Und auch am Heck des Rades werden immer mehr Funktionen zusammengefasst, wie Peter Ronge von Racktime verdeutlicht: „Inzwischen werden Leuchtleisten in unsere Gepäckträger eingebaut, die mit Standlichtfunktion und Distanz-Warnung ausgestattet sind. Durch die Integration sind sie zudem diebstahl- und unfallsicher.“