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Corratec E-Power iLink 180 Factory im Test: Mit CX Race Motor und viel Federweg an die Spitze?

7. September 2023 by Michael Faiß

Test / eMTB: Das Corratec E-Power iLink 180 Factory verspricht mit CX Race Motor, massig Federweg und einer Vollgas-Ausstattung jede Menge Trailspaß bergauf wie bergab. Wir haben das neue 2024er Modell ausführlich getestet, den Motor auf dem Prüfstand durchgemessen und uns die vielen Details am Bike angesehen.

Das E-Power iLink 180 bildet schon seit einer ganzen Weile die Federwegs-Speerspitze im eMTB-Portfolio von Corratec. Mit 180 mm Federweg und Mullet-Laufrädern ist es nochmals ein gutes Stück über dem bereits durchaus potenten E-Power RS 160 angesiedelt und damit auch für schwerstes Gelände und hohes Tempo gewappnet – zumindest auf dem Papier. Wo der Hersteller aus Oberbayern das Bike selbst ansiedelt zeigt auch, dass für 2024 sämtliche Modellvarianten mit dem neuen Bosch CX Race Motor ausgestattet sind, der mit einem 625 Wh Akku im Unterrohr des Carbonrahmens kombiniert wird.



Bosch CX Race: Ein echtes Upgrade zum normalen CX?

Der Bosch CX Race wurde im Spätsommer 2022 vorgestellt und hat auf den ersten Blick vieles mit dem bewährten CX Motor gemein: 85 Nm maximales Drehmoment, auch die Maximalleistung von rund 600 W soll laut Bosch identisch sein. Optisch liegt der einzige Unterschied in der Farbe des Gehäuses, das bei der Race Variante in einem helleren Grau gehalten ist. Im Inneren konnte man einige Dinge optimieren und damit das Gewicht um rund 150 g auf ca. 2,75 kg reduzieren – durchaus beachtlich angesichts der Power, die das Aggregat mitbringt.

Die größte Neuerung des Bosch CX Race ist jedoch seine zusätzliche Unterstützungsstufe ‚Race‘, die über dem bekannten Turbo angesiedelt ist. Auch wenn hier an der Maximalleistung nichts geändert wurde, hat Bosch die Unterstützungsleistung deutlich erhöht. Konkret heißt das, man muss weniger selbst in die Pedale treten, um mehr Leistung aus dem Motor zu kitzeln. Zudem reagiert der Motor in diesem Unterstützungsmodus deutlich schneller und dynamischer, zuweilen fast hektisch und nervös. Perfekt für jene, die sofort Power benötigen und mit dieser umgehen können, gewöhnungsbedürftig für den Otto-Normal-E-Biker. Ebenso bringt der Race Modus eine Erweiterung des aus dem eMTB Modus bekannten Extended Boost mit: Ein kurzer Kick in die Pedale genügt, um das eMTB nun rund zwei Meter zu bewegen. Der Hintergrund: So lassen sich größere Hindernisse auch dann bewältigen, wenn kein Platz zum Treten vorhanden ist.



Wer den Race Modus nicht nutzen möchte, kann natürlich auch beim CX Race Motor auf die bekannten Unterstützungsstufen zurückgreifen und hat dann einen regulären CX Motor.

‚Nur‘ 625 Wh: Vor- oder Nachteil?

Dass sich Corratec am iLink 180 für einen kleineren Akku entschieden hat, wird wahrscheinlich nicht jedem gefallen. Und klar, trotz seiner guten Effizienz ist die Reichweite mit dem 625 Wh Akku geringer als beispielsweise mit der 750 Wh Variante. Ob dies in der Praxis zum Problem wird, das dürfte stark von den individuellen Bedürfnissen und dem Einsatzbereich abhängen. Positiv wirkt sich der kleinere Energiespeicher jedoch auf das Gewicht aus; rund 700 g spart man gegenüber dem Powertube 750 ein, was beim Corratec E-Power iLink 180 Factory, also dem Top-Modell, zu einem beachtlichen Gewicht von 24,3 kg (ohne Pedale) führt. Angesichts der verbauten Komponenten ein Spitzenwert.



Für die Bedienung des Antriebs ist an dem von uns getesteten Testbike die Kombination aus LED Remote und Kiox 300 Display zuständig. Ob das recht große, exponierte Display zu einem Vollgas-eMTB mit 180 mm passt? Wir sind uns nicht ganz sicher. Eventuell wäre das neue Purion 200 hier die bessere Wahl gewesen. Andererseits: Dank des Bosch Smart Systems kann das Kiox 300 Display auch mit wenigen Handgriffen demontiert werden. Die LED Remote bietet über die integrierten LEDs die nötigsten Informationen und übernimmt die Steuerung des Antriebs. So bleibt man je nach anstehender Tour flexibel.

Schöner Carbonrahmen mit cleveren Details

Ein Highlight des Corratec E-Power iLink 180 ist zweifelsohne sein Carbonrahmen, den alle Ausstattungsvarianten gemein haben. Hier sticht insbesondere das namensgebende Hinterbausystem ins Auge, das so auch bei einigen unmotorisierten Mountainbikes des Herstellers aus Raubling zum Einsatz kommt. Dabei handelt es sich um ein VPP System, das vor allem durch einen hohen Anti-Squat Wert überzeugen soll: Bei Kettenzug (also beim Treten) verhärtet der Hinterbau spürbar, was Wippen unterbindet und für effizienteren Vortrieb bergauf sorgen soll. Gerade am iLink 180 mit dem verbauten Stahlfederdämpfer eine willkommene Eigenschaft.



Auch vom Hinterbau abgesehen bringt der Rahmen einige schöne Details mit: Dazu gehört der Ladeport im Oberrohr, der über eine Magnetklappe geschützt ist oder die sehr einfache Entnahme des Akkus über das Unterrohr. Züge und Leitungen werden direkt durch den Steuersatz geführt, das schaut schick und clean aus, kann aber bei Wartungsarbeiten für einen etwas höheren Zeitaufwand sorgen.

Zahme Geometrie mit langem Sitzrohr

Geometrie Corratec E-Power iLink 180

424852
Sitzrohr (in mm)420480520
Oberrohr horizontal (in mm)599611623
Steuerrohr (in mm)8697106
Lenkwinkel (in °)656565
Sitzwinkel (in °)777777
Kettenstreben (in mm)445445445
Radstand (in mm)123612481262
Reach (in mm)455465475
Stack (in mm)616621629


Das Corratec E-Power iLink 180 kommt in drei Rahmengrößen. Die Abmessungen sind dabei eher konservativ und fallen für unseren Geschmack für ein eMTB mit 180 mm Federweg im Jahr 2023 eine Spur zu zahm aus. Der Lenkwinkel ist mit 65° eher steil, der Hauptrahmen fällt insgesamt eher kurz aus. Die Kettenstrebenlänge findet mit 445 mm hingegen eine gute Balance und auch der moderne Sitzwinkel von 77° verspricht eine zentrale Sitzposition. Auffällig sind die geringen Unterschiede beim Reach zwischen den Rahmengrößen. Hier lohnt es sich auch aufgrund des langen Sitzrohrs eventuell, sogar zur kleineren Größe zu greifen.

Corratec E-Power iLink 180 Factory: Ausstattung und Preis

Im Test hatten wir die Factory Variante des Corratec E-Power iLink 180 – das Top-Modell. Mit 12.499 Euro reißt das Vollgas-Bike ein beachtliches Loch ins Portemonnaie und muss sich auf dem Markt mit vielen anderen Premium eMTBs messen. Die Ausstattung ist dem Preis angemessen: Das RockShox Ultimate Fahrwerk mit steifer ZEB an der Front und dem sahnigen Super Deluxe in der Coil Variante am Heck ist ebenso überzeugend wie der elektronisch-kabellose Sram AXS Antrieb. Hier verbaut Corratec nicht die neue Transmission, sondern setzt auf die X01 AXS – höchstwahrscheinlich aufgrund des fehlenden UDH Schaltauges am Rahmen.



Rahmen Corratec iLink Carbon
Federgabel RockShox ZEB Ultimate 180 mm
Antrieb Bosch CX Race
Akku Bosch Powertube 625
Dämpfer RockShox Super Deluxe Coil Ultimate
Laufräder DT Swiss HX 1501
Reifen VR Michelin Wild Enduro E-Optimized 2,6 Zoll
Reifen HR Michelin Wild Enduro E-Optimized 2,8 Zoll
Schaltwerk Sram X01 Eagle AXS
Schalthebel Sram X01 AXS
Kurbel Sram X01 Transmission
Umwerfer Ohne
Bremse Sram Code Stealth Silver 200/200
Bremsscheiben Sram Centerline 200/200
Sattelstütze RockShox Reverb AXS 150 mm
Sattel Selle San Marco GND
Vorbau ZZYZX SL Alloy
Lenker ZZYZX Mountain 800 mm

Ebenfalls vom Sram kommen die Bremsen, wo man die neue Code Stealth in der Silver Variante verbaut. Angesichts des hohen Preises des Bikes hätten wir uns hier jedoch durchaus die Ultimate-Variante der Bremse vorstellen können. Elektronisch wird auch die Sattelstütze angesteuert: Die Reverb AXS ist top, kommt an unserem Testbike in Rahmengröße 48 jedoch nur mit 150 mm Hub.



Wie es sich für ein eMTB mit 180 mm gehört, geht es bei Laufrädern und Reifen robust zu. Auf den hochwertigen DT Swiss HX1501 Alu-Laufrädern sitzen Pneus von Michelin. Der Wild Enduro mit dicker eMTB Karkasse hat an der Front eine Breite von 2,6 Zoll, hinten kommt gar die noch bulligere 2,8 Zoll Version zum Einsatz.



Neben dem von uns getesteten Top-Modell kommt das Corratec E-Power iLink 180 noch in zwei weiteren Ausstattungsvarianten. Neben dem Carbonrahmen bringen diese auch beide das Bosch Antriebssystem mit 625 Wh und dem CX Race Motor mit. Ansonsten muss man bei den verbauten Komponenten einige Kompromisse machen, die Preise bewegen sich mit 8.699 Euro und 7.699 Euro auch hier im Premium-Segment, jedoch dürften diese beiden Modelle für viele E-Mountainbiker dennoch deutlich erschwinglicher sein.

Corratec E-Power iLink 180 FactoryCorratec E-Power iLink 180 ProCorratec E-Power iLink 180 Race


Antrieb: Bosch CX Race
Akku: Bosch Powertube 625
Gabel: RockShox ZEB Ultimate
Dämpfer: RockShox Super Deluxe Ultimate
Schaltung: Sram X01 Eagle AXS
Bremsen: Sram Code Stealth Silver
Laufräder: DT Swiss HX 1501

Preis: 12.499 Euro

Antrieb: Bosch CX Race
Akku: Bosch Powertube 625
Gabel: RockShox ZEB RC
Dämpfer: RockShox Super Deluxe Coil Select
Schaltung: Sram GX Eagle
Bremsen: Sram G2 R
Laufräder: DT Swiss H1900

Preis: 8.699 Euro



Antrieb: Bosch CX Race
Akku: Bosch Powertube 625
Gabel: RockShox Yari MC
Dämpfer: RockShox Super Deluxe Coil Select
Schaltung: Sram NX/GX Eagle
Bremsen: Sram Guide T
Laufräder: ZZYZX X30



Preis: 7.699 Euro



Corratec E-Power iLink 180: Auf dem Trail

In der Praxis kann das Corratec E-Power iLink 180 vor allem im Uphill brillieren: Die Kombination aus der eher kompakten Geometrie, gutem Hinterbau und kräftigem CX Race Motor macht auch in technischen und steilen Sektionen eine Menge Freude. Das Vorderrad steigt für ein Bike in dieser Federwegsklasse erst sehr spät, der dicke Hinterreifen liefert auch auf tiefem Untergrund meist noch genügend Traktion. Wer im Race Modus des Bosch Motors unterwegs ist, muss mit der Nervosität des Antriebs umzugehen wissen – nach etwas Eingewöhnung hilft die Spritzigkeit und der erweiterte Extended Boost jedoch in Schlüsselpassagen enorm weiter. Tipp am Rande: Wer dem Race Modus etwas die Schärfe nehmen möchte, kann über die eBike Flow App die Dynamik etwas reduzieren.

Auch in der Abfahrt schlägt sich das langhubige eMTB gut, kann jedoch die Qualitäten des Uphills nicht ganz erreichen. Das liegt zum einen an der für diese Fahrradklasse unserer Meinung nach etwas zu zahme Geometrie, aber auch an dem sehr langen Sitzrohr und der Variostütze mit wenig Hub. Beides schränkt den Bewegungsspielraum auf technischen Passagen spürbar ein und hemmt die Trail-Qualitäten. Rundum überzeugend sind dagegen der enorm schluckfreudige Hinterbau und auch das übrige Ausstattungspaket. Die Code Stealth Bremsen packen zuverlässig zu und die Michelin Reifen wussten auch bei etwas schwierigeren Bedingungen auf schmierigem Waldboden zu überzeugen.

Noch ausführlichere Fahreindrücke findet ihr in unserem Testvideo



Leider macht sich der CX Race Motor in der Abfahrt konstant durch sein lautes Klappern bemerkbar. Diese Eigenschaft hat das Corratec nicht exklusiv, doch der Carbonrahmen verstärkt das Geräusch noch zusätzlich, so dass es uns schwer fiel, die Geräuschkulisse während der Abfahrt ganz auszublenden.

Fazit: Corratec E-Power iLink 180 Factory

Pro

  • Kräftiger und dynamischer Motor
  • Gutes Gewicht
  • Exzellente Uphill-Eigenschaften
  • Schluckfreudiges Fahrwerk

Contra

  • Geometrie etwas zu zahm
  • Langes Sitzrohr
  • Klappernder Motor

Fakten

RahmenmaterialCarbon
LaufradgrößeMullet
AntriebstypBosch CX Race
Federweg180 mm
Gewicht24,3 kg
Preis12.499 Euro
Web www.corratec.com
DownhillUphill
 
LaufruhigAgil
 
Das Corratec E-Power iLink 180 Factory verspricht beim Blick auf seine Eckdaten und den üppigen Federweg vor allem Abfahrtsspaß. Im Test konnte uns das überraschend leichte Bike dann aber insbesondere durch seine exzellenten Uphill-Eigenschaften begeistern, wo es auch dank des kräftigen CX Race Motors zum Besten gehört, was wir seit einiger Zeit gefahren sind. Das schluckfreudige Fahrwerk macht in der Abfahrt viel Spaß, hier hemmen jedoch die etwas zahme Geometrie und vor allem das lange Sitzrohr den Spaß ein wenig.
Stichworte:#VMmtbBoschCorrateccx raceeMTBEndurofeatured

Über Michael Faiß

Michael Faiß hat in München Englisch und Geschichte studiert. Nach einem einjährigen Aufenthalt in England arbeitete er als Übersetzer unter anderem für das Magazin Procycling und das Degen Mediahouse. Außerdem ist er seit der Kindheit passionierter Radfahrer und –schrauber und fühlt sich vor allem abseits der asphaltierten Wege zuhause.

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