Test / E-MTB: Das Flyer Uproc EVO:X beerbt das Erfolgsmodell Uproc 6 und stellt damit die neue Speerspitze im Bereich der sportlichen eMTBs der Schweizer. Wie der Vorgänger setzt das Bike auf viel Federweg, Bosch Antriebssystem und einen Carbonrahmen. Was sich sonst getan hat – wir haben es getestet.
Etwas mehr als zwei Jahre nach der Vorstellung des Uproc 6 E-Enduros präsentierte Flyer in diesem Sommer mit dem Flyer Uproc EVO:X den direkten Nachfolger. Im eigenen Portfolio schafft man damit mehr Klarheit im Segment der langhubigen eMTBs. Während das bekannte Uproc X mit Panasonic Antrieb und 150 mm nun klar im Bereich All-Mountain angesiedelt ist, gehört das neue Uproc EVO:X in die Enduro-Schublade. Dafür spendieren die Eidgenossen mit Bike etwas mehr Federweg als noch beim Vorgänger – 170 mm an der Front, 165 mm im Heck. Am Laufradgrößen-Mix mit großem 29er vorn und 27,5 Zoll im Heck hält man ebenso fest wie am Antriebssystem: Im Herzen des Carbonrahmens schlägt ein Bosch Antrieb, je nach Ausstattungsvariante mit 625 oder 750 Wh Akku. Beim Motor kommt am Top-Modell der im Vorjahr präsentierte Bosch CX Race zum Einsatz, ansonsten sorgt der bewährte Bosch CX für Vortrieb.
Neuer Carbonrahmen mit interessanter Motorposition
Der Carbonrahmen des Flyer Uproc EVO:X wurde von Grund auf neu entwickelt und besteht in allen Ausstattungsvarianten aus Carbon. Optisch fällt hier wohl zunächst vor allem der Bereich um den Motor ins Auge: Die ungewöhnliche Orientierung der Antriebseinheit sorgt für einen ungewohnten Look, soll aber neben dem tief Platzierten Akku für einen tiefen Schwerpunkt und ein sattes Fahrverhalten sorgen. Der Akku ist weiterhin entnehmbar und lässt sich über eine Klappe im Tretlagerbereich nach unten aus dem Unterrohr ziehen. Befestigt wird der Powertube über einen Inbus-Bolzen; ein dafür passendes Tool ist gleich mit an Bord, entweder im Vorbau oder in der Hinterradachse. Praktisch.
In unserem Testbike, dem Flyer Uproc EVO:X macht der bekannte Bosch CX Motor Dampf und wird von einem Powertube 750 im Unterrohr dabei mit genügend Energie versorgt. Zum Antriebssystem selbst muss man nicht mehr viele Worte verlieren: Der CX Motor ist trotz seines „Alters“ nach wie vor einer der besten Mittelmotoren für sportive eMTBs und kann durch viel Dynamik und eine kräftige Unterstützung über ein breites Kadenz-Spektrum glänzen. Dass er dabei nicht zu den leisesten Antrieben gehört, nehmen viele Biker in Kauf.
Sportives Bedienkonzept
In puncto Bedienung macht Flyer am sportlichen Uproc EVO:X alles richtig und verbaut den System Controller im Oberrohr und die kabellose Mini Remote am Lenker. Ersterer zeigt – ähnlich wie die LED Remote – über LEDs den Ladestand des Akkus und die gewählte Unterstützungsstufe an. Die sehr kompakte Bedieneinheit ist ergonomisch gelungen und nimmt kaum Platz am Lenker ein – top! Wer gar nicht auf ein Display verzichten kann, kann beispielsweise sein Smartphone in Verbindung mit der gelungenen Bosch eBike Flow App nutzen.
Moderne Geometrie
Bei der Geometrie macht Flyer keine Experimente und spendiert dem neuesten E-Enduro moderne, aber nicht zu extreme Abmessungen. Der Hauptrahmen fällt in Verhältnis zum Sitzrohr schön lang aus, die Front ist nicht zu hoch und das Tretlager auf einer zum Einsatzbereich passenden Höhe. Letztere ließe sich über einen Flipchip auch anpassen. Hier würden wir Abfahrts-Fans empfehlen, die Einstellung in der niedrigen Position zu belassen; wer für technische Uphills mehr Bodenfreiheit möchte, kann natürlich das High-Setting ausprobieren.
Flipchip Position | High | Low | ||||||
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Größe Körpergröße | S 155–165 | M 165–175 | L 175–185 | XL 185–195 | S 155–165 | M 165–175 | L 175–185 | XL 185–195 |
Sitzrohrlänge | 395 | 415 | 450 | 485 | 395 | 415 | 450 | 485 |
Oberrohrlänge | 581 | 606 | 633 | 660 | 582 | 607 | 634 | 661 |
Steuerrohrlänge | 100 | 100 | 110 | 120 | 100 | 100 | 110 | 120 |
Kettenstrebenlänge | 443 | 443 | 443 | 443 | 445 | 445 | 445 | 445 |
Lenkwinkel | 64,5 | 64,5 | 64,5 | 64,5 | 64 | 64 | 64 | 64 |
Sitzrohrwinkel (effective) | 76,9 | 76,8 | 76,7 | 76,6 | 76,5 | 76,3 | 76,2 | 76,1 |
Sitzrohrwinkel (actual) | 74,3 | 74,3 | 74,3 | 74,3 | 73,8 | 73,8 | 73,8 | 73,8 |
Tretlagerabsenkung | 19 / 0,5 | 19 / 0,5 | 19 / 0,5 | 19 / 0,5 | 26 / 7 | 26 / 7 | 26 / 7 | 26 / 7 |
Tretlagerhöhe | 359 | 359 | 359 | 359 | 352 | 352 | 352 | 352 |
Radstand | 1213 | 1238 | 1267 | 1297 | 1215 | 1240 | 1270 | 1299 |
Überstandshöhe | 777 | 771 | 769 | 768 | 770 | 765 | 763 | 762 |
Stack | 619 | 619 | 628 | 637 | 623 | 623 | 632 | 641 |
Reach | 436 | 461 | 486 | 511 | 430 | 455 | 480 | 505 |
Gesamtlänge | 1950 | 1975 | 2004 | 2034 | 1952 | 1977 | 2007 | 2036 |
Gute Ausstattung, saftiger Preis
Für den Test hat uns Flyer das Uproc EVO:X in der Ausstattungsvariante 8.70 zu Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich nicht um das Top-Modell, der Preis fällt mit 8.999 Euro dennoch gesalzen aus. Angesichts dessen lösen die verbauten Komponenten keine Jubelstürme unsererseits aus, auch wenn sie hervorragend zum Einsatzbereich passen. Sowohl die Fox 38 als auch der X2 Dämpfer im Heck sind top, man muss hier jedoch ’nur‘ mit der Performance Variante zurechtkommen. Deren Funktion ist gut, die Einstellmöglichkeiten jedoch begrenzt. Davon abgesehen finden wir zahlreiche Shimano XT Komponenten am Bike: Von der mechanischen 12-fach Schaltung bis zu den kräftigen 4-Kolben Bremsen samt großer Scheiben. Ein echtes Sorglospaket.
Rahmen | Flyer Carbon |
Federgabel | Fox 38 Performance 170 mm |
Antrieb | Bosch Performance CX |
Akku | Bosch Powertube 750 |
Dämpfer | Fox Float X2 Performance |
Laufräder | Mavic E-Deemax |
Reifen VR | Onza Aquila GRC |
Reifen HR | Onza Aquila GRC |
Schaltwerk | Shimano XT 12-fach |
Schalthebel | Shimano XT 12-fach |
Kurbel | Flyer |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano XT M8120 |
Bremsscheiben | Shimano XT 203/203 mm |
Sattelstütze | KS LEV Integra 175 mm (Gr. L) |
Sattel | Fizik Aidon |
Vorbau | Satori Ursa |
Lenker | Hayes ProTaper Carbon 810 mm |
Auf den stabilen Mavic E-Deemax Laufrädern mit Alu-Felgen sitzen Reifen aus dem Hause Onza: Der Aquila mit der sehr pannensicheren GRC Karkasse spielt in einer Liga mit Magic Mary, Asegai und Co. – auch was das Gewicht angeht. Das relativiert die etwas über 26 kg, die das Bike in Rahmengröße L auf die Waage bringt zumindest ein wenig.
Für die Top-Variante mit Edel-Ausstattung und CX Race Motor muss man noch wesentlich tiefer in die Tasche greifen, bei den beiden günstigeren Modellen muss man hingegen recht schmerzhafte Kompromisse bei der Ausstattung machen, u.a. ein kleinerer Akku im Einstiegsmodell. Insgesamt scheint das Flyer Uproc EVO:X 8.70 das beste Preis-/Leistungsverhältnis zu bieten.
Das Flyer Uproc EVO:X auf dem Trail
Auf dem Papier verspricht das Flyer Uproc EVO:X vor allem eines: Abfahrtsspaß! Und was soll man sagen – genau das bekommt man mit diesem Bike auch. Die moderne Geometrie, der tiefe Schwerpunkt, ein sattes Fahrwerk – all das im Zusammenspiel führt dazu, dass man die bei Bedarf giftig zupackenden Bremsen seltener nutzt, als es manchmal vernünftig wäre. Das neuste E-Enduro der Schweizer blüht dann auf, wenn das Gelände anspruchsvoll und das Tempo hoch wird. Aktive Fahrer kommen hier voll auf ihre Kosten und können die Grenzen ausloten. Dafür sorgen auch die exzellenten Reifen von Onza, die nicht nur viel Grip bieten, sondern auch hervorragenden Pannenschutz.
Je nach Trail hätten wir uns vor allem bei der Gabel ein paar Einstellmöglichkeiten mehr gewünscht, um noch das letzte Quäntchen Performance herauszukitzeln. Die übrigen Komponenten verrichteten ihren Job unauffällig; etwas gewöhnungsbedürftig war der sehr breite Carbonlenker von Hayes. Wer jedoch gar nicht damit zurechtkommt, kann diesen natürlich kürzen.
Insgesamt fällt das Flyer Uproc EVO:X jedoch klar in die Fahrradkategorie „Bügeleisen“. Wer ein verspieltes, spritziges Trailbike sucht, ist hier verkehrt. Zwar ließe sich dem Hinterbau ein wenig mehr Pop entlocken, doch dann würde man diesen seiner großen Stärke berauben. Angesichts des von den Eidgenossen selbst beschriebenen Einsatzbereichs und der technischen Eckdaten keine allzu große Überraschung. So spielt es dann auch keine entscheidende Rolle, dass das Bike mit seinen etwas über 26 kg doch etwas mehr auf die Waage bringt, als andere vergleichbare eMTBs.
Einen noch ausführlicheren Fahrbericht findet ihr in unserem Testvideo:
Im Uphill verhält sich das Rad solide und bringt Pilot oder Pilotin zuverlässig in Richtung Traileinstieg. Dafür sorgt natürlich der kräftige Bosch Antrieb, der gut hörbar vor sich hinsummt, aber auch die schön zentrale Sitzposition. Aufgrund des recht langen Hauptrahmens und des flachen Lenkwinkels muss man an Steilstücken sein Gewicht etwas nach vorn verlagern, um hier noch genügend Traktion auf dem Vorderrad zu haben. Angesichts der exzellenten Performance bergab können wir dies jedoch gut verschmerzen.